Die „SubSubSub-Masche“ bei verdi und die „Wegwerfmenschen“ bei Prälat Kossens

Die DGB-Gewerkchaften: Sie geben sich eher selbst auf, als daß sie gegen das Kapital kämpfen. Und die Gewerkschaftszeitungen machen natürlich entsprechend beschönigend mit.

Ein Beitrag von Dieter Wegner, aktiv bei Gewerkschaftslinke Hamburg


In der neuen Ausgabe von Publik, der Hauspostille für die verdi-Mitglieder, steht ein Artikel – siehe dieser Link –, bei dem verdi gut und die SubSubSub-Unternehmer schlecht wegkommen. Erwartungsgemäß. Das ist die übliche Schreibe in den Zeitschriften der DGB-Gewerkschaften. Denselben Artikel hätte Publik schon vor zehn oder 20 Jahren veröffentlichen können beziehungsweise kann ihn in zehn Jahren wieder hervorholen, nur der Name des Nachfolgers von verdi-Chef Bsirske müßte erneuert werden. Immer dieselbe Masche: Schimpfen auf die bösen Subunternehmer, viel Selbstlob und Appelle an den Staat und nebenbei noch Lob für SPD- und Schelte für die CDU-Minister in der Regierung.

Kurz vor seinem Abgang traut sich Herr Bsirske noch mal was ganz Radikales, er redet von „mafiösen Strukturen“ in der Paketbranche. Und hat mit dieser Masche großen Erfolg, er wird nicht nur in Gewerkschaftszeitungen viel zitiert. Was wollen die Gewerkschaftsführer und die Gewerkschaftszeitungen mit ihrer Masche erreichen? Daß die Mitglieder ob der Verbalradikalität, des Verstandenwerdens und des sich-Kümmerns bei der Stange bleiben, das heißt nicht austreten, denn das ist das Wichtigste an ihnen: Ihr Beitrag. Und den Konzernen wird signalisiert: Wir tun euch nichts, wir sind für die Beibehaltung der Werkverträge, der Leiharbeit, wie seit Jahrzehnten. Wir haben alles im Griff, wir sorgen weiter für sozialen Frieden.

Als erstes stoße ich mich an dem Wort „Masche“. Das klingt nach Trickbetrügern, verniedlichend! Es ist aber ein verbrecherisches System. Und ziemlich drastisch wird es sogar im Artikel beschrieben. Und selbst Frank Bsirske muß also Bescheid wissen, wenn er „von zum Teil mafiösen Strukturen“ spricht, die sich „in der Branche etabliert hätten“.

Es scheint fast: Zum Abschied wird er noch mal deutlich und radikal! Dabei schilderte der Journalist Adrian Peter schon 2006 in seinem Buch „Die Fleischmafia. Kriminelle Geschäfte mit Fleisch und Menschen“ alles in großer Deutlichkeit. Und er wies schon damals auf weitere Branchen hin: Bau und Paketdienste.

Als zweites stoße ich mich an dem Satz: „Die von ver.di geforderte Nachunternehmenshaftung soll helfen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern“. Ein skandalöses Elends-System , das als Grundlage die „Wegwerfmenschen“ hat, soll gestaltet, „verbessert“ werden. Da kann man nur drastisch kommentieren: Bei dieser Gestaltung kann nur erneutes Elend herauskommen, gequirlte Scheiße. Und publik/ver.di sieht es als Aufgabe an, diese gequirlte Scheiße mit Schönheitsschleifchen zu drapieren.

Nach 13 Jahren kommt die Botschaft zwar bei verdi und Frank Bsirske an. Aber wieviel Milliarden haben die Konzerne inzwischen dadurch erwirtschaftet? Und auch die Sub- und Subunternehmer haben noch gut abgesahnt. Und wieviel Leid mußten die WerkvertragsarbeiterInnen in dieser versäumten Zeit des Stillhaltens aushalten?! Prälat Kossen benennt das eindringlich in seinen Texten und Reden, auch aufgrund der Erfahrungen seines Bruders, des Arztes Florian Kossen und bezeichnet die WerksvertragsarbeiterInnen als das, was sie für die Konzernleitungen und Subunternehmer sind: „Wegwerfmenschen“.

Autor Adrian Peter nennt Namen und Methoden, wie dieses System geschaffen wurde: Durch welche Politiker mit welchen ehemaligen RGW-Staaten Sozialabkommen abgeschlossen wurden. Wie hunderttausende „Normalarbeitsplätze“ von meist deutschen ArbeitnehmerInnen durch Umwandlung Werksvertragsarbeitsplätze für Osteuropäer wurden. Wurde damals von den deutschen Gewerkschaften Alarm geschlagen? Mitnichten! Das Wohl der deutschen Wirtschaft gebot Zustimmung oder zumindest Zurückhaltung.

Und in der Folge dann die Praktizierung der Ideologie: Wir müssen Werkverträge und Leiharbeit gestalten! Die Forderung nach Verbot von Leiharbeit (wie vor 1973) und Werkverträgen wird als linksradikal abgelehnt, besonders von der IGM.

Verdi Publik berichtet von einer erschreckenden großen und erfolgreichen deutschlandweiten Razzia in der Paketbranche. Wie erfolgreich wäre diese Razzia erst in der Fleischbranche! Wieviel überführte Straftäter würden sie dort finden, auch schon unter den Subunternehmern? Und wieviel gefälschte Pässe?

Während schon Lokalzeitungen (Die Glocke in Rheda-Wiedenbrück) titeln: „Wurzel des Übels heißt Werkvertrag“, sucht ein verdi-Landesleiter noch nach „richtigen Antworten“: „Die schwarzen Schafe der Branche, die Beschäftigte vornehmlich aus osteuropäischen Ländern in die Lieferfahrzeuge setzen, seien Teil des Problems“. Der Herr sucht schwarze Schafe, wenn bei der Kontrolle von 356 Betrieben über 2.000 Beanstandungen und 74 Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren rauskommen. Er ist nicht nur farbenblind sondern auch politisch verblendet, wenn er nicht die Herden von Wölfen sieht, als Schafe verkleidet.

Farbenblindheit und Verblendung haben sich aufgrund der Ideologie der Sozialpartnerschaft fest in den Köpfen vieler Hauptamtlicher festgefressen.

Der niedersächsische ver.di-Landesleiter Detlef Ahting ist ein Musterbeispiel für den Umgang mit den Problemen und Schicksalen der Lohnabhängigen.
(Erfreulich ist, daß es etliche Hauptamtliche gibt, die der Sozialpartnerschaftideologie des DGB nicht verfallen sind!)

Ohne Widerstand von Seiten der DGB-Gewerkschaften, in Harmonie mit Regierung und SPD wurden die Sozialabkommen mit den ehemaligen Ostblockländern abgeschlossen, die nicht nur die Stammbelegschaften in Deutschland überflüssig machten sondern auch das ganze Mitbestimmungssystem ad absurdum führten. Das ist wahre Sozialpartnerschaft: Man opfert sich für die Profitinteressen der Konzerne und ihrer Subunternehmen. Und hat nur noch den Anspruch, Werkverträge und Leiharbeit mit zu gestalten. Wobei gestalten heißt, die Regierung zu bitten, Nachunternehmerhaftung bei Sub-, bei Sub- und Sub-Unternehmern einzuführen. Da freut sich aber der Zoll – wegen der Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme!

Und in der Gewerkschaftszeitung (hier Publik) lamentiert man radikal gegen die bösen Sub-, Sub-, Subunternehmer. Nur gegen das System der Werkverträge geht man nicht vor, schon gar nicht gegen das kapitalistische System, das sich in Leiharbeit und Werkverträgen selbst verwirklicht. Dafür sind die Bedingungen in Deutschland als führender Wirtschaftsnation hervorragend.

One Reply to “Die „SubSubSub-Masche“ bei verdi und die „Wegwerfmenschen“ bei Prälat Kossens”

  1. Hallo lieber Dieter,

    was spricht dagegen, den Zoll aufzufordern, sich die Fleischbetriebe vorzunehmen?
    Das wäre doch mal ein Schritt in die richtige Richtung oder nicht?

    Verstehe auch nicht, was gegen die Nachunternehmenshaftung spricht? Das Argument, dass “ bei dieser Gestaltung kann nur erneutes Elend herauskommen“ kann, sehe ich nicht. Nachunternehmenshaftung bedeutet, dass der Hauptunternehmer die Verantwortung trägt für seine Subunternehmer. Natürlich wird durch diese kleine Reform das Elend nicht behoben. Immerhin gäbe es nur noch einen Ansprechpartner. Oder sollten wir stattdessen gegen das Subunternehmertum an sich vorgehen?

    Die Werkverträge und die Leiharbeit sind große Übel. Das widerspricht doch nicht der kleinen Reform der
    Nachunternehmenshaftung. Subunternehmen sind doch nicht weg, wenn die Werkverträge und die Leiharbeit weg sind!

    Alles Gute Peter

Schreibe einen Kommentar zu peter klemm Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*