Bericht zum 230. Jour Fixe am 6.11.2024
Thema: Die Wiederauferstehung der KPÖ. Referent: Rainer Hackauf, KPÖ-Bundessprecher.
Zu diesem Jour Fixe kamen ca. 24 Teilnehmer.
Zuerst gab Rainer Hackauf einen kurzen historischen Überblick zur Geschichte der KPÖ. Der soll hier etwas ausführlicher dargestellt werden. Die KPÖ wurde 1918 gegründet und entstand im Zusammenhang mit der Rätebewegung in Österreich und Ungarn. Die Räterepubliken dort bestanden deutlich länger als in Deutschland.
Letztlich wurden sie ebenfalls mit Hilfe der damaligen Sozialdemokraten gewaltsam bekämpft und zerschlagen. Die KPÖ hatte von Anfang an den antifaschistischen Kampf als zentrale Aufgabe erkannt. Die nach 1918 entstandene 1. Republik hatte eine klerikal-faschistische Ausrichtung. Nach den bewaffneten Kämpfen 1934 gegen den Putschversuch der Nationalsozialisten, mit vielen Toten, verzeichnete die KPÖ einen starken Mitgliederzuwachs. Nach dem von den Nazis herbeigeführten
Anschluss an Deutschland 1938 waren die KPÖ und z.T. auch die Sozialdemokraten im aktiven Widerstand bzw. Untergrund und war die führende Wiederstandsorganisation. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs blieb der erhoffte Wahlerfolg bei den Wahlen aus und die KPÖ erhielt rd. 7% bei den ersten Nationalratswahlen. Bei den folgenden Wahlen verringerte sich dieser Wert weiter und die KPÖ schied 1958 aus dem Nationalrat aus.
Allerdings schuf die KPÖ mit ihrer nachhaltigen Forderung der Neutralität eine Voraussetzung für die Souveränität Österreichs ab 1955. Ohne die Zusicherung der immerwährenden Neutralität Österreichs hätte die damalige Sowjetunion dem Unabhängigkeitsvertrag nicht zugestimmt.
In den folgenden Jahren war die KPÖ stark an den ehemaligen Ostblockstaaten orientiert, insbesondere der DDR, für die sie eine Korrespondenzorganisation für den Westhandel wurde. Mit der Auflösung und dem Zusammenbruch des realsozialistischen Blocks stellte sich für die KPÖ die Frage nach der Existenzberechtigung bzw. Neuausrichtung.
Beginnend in der Steiermark Ende der 1990er Jahre wurde der direkte Bezug zur Bevölkerung der bestimmende Politikansatz. Offene Sprechstunden, Hilfe oder Unterstützung bei Alltagsproblemen, insbesondere bei Wohnungsproblemen usw. führten zu Anerkennung in der Bevölkerung und der KPÖ-Kandidat Kaltenegger wurde Anfang der 2000er Jahre in Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs, in den Gemeinderat gewählt. Mittlerweile stellt die KPÖ seit 2022 in Graz mit rd. 28% die Mehrheit im Stadtrat und mit Elke Kahr die Bürgermeisterin. Das Konzept, die Probleme der
Menschen aufzugreifen und konkrete Unterstützung zu leisten hat in den vergangenen Jahren zu weiteren spektakulären Wahlerfolgen geführt: über 11% bei den Landtagswahlen im Land Salzburg und rd. 20% in der Stadt Salzburg.
Der Versuch, diese Erfolge bei der Nationalratswahl in diesem Jahr zu wiederholen ist nicht gelungen und die KPÖ ist an der 4%-Hürde gescheitert, hat aber landesweit ihre Stimmen vervierfachen können.
Neben der tätigen sozialen Arbeit und Unterstützung verzichten die Mandatsträger der KPÖ auf den größten Teil ihrer Diäten. Sie begnügen sich mit einem Facharbeitergehalt von rd. 2500 Euro und spenden den Rest für einen Solidarfonds, der über die Jahre Millionenhöhe erreicht hat und für Notfallhilfe z.B bei Mietproblemen zur Vermeidung von Zwangsräumungen zur Verfügung steht.
Darüber hinaus ist die KPÖ eine Partei der Aktiven. Die oben geschilderten Erfolge wurden als Kleinstpartei mit rd. 2000 landesweiten Mitgliedern und 3-4 Halbtagsbeschäftigten erreicht. Die KPÖ wird wegen Ihres sozialen Engagements geschätzt, wobei es keine Rolle spielt, dass das von Kommunisten geleistet wird.
Im Zusammenhang mit Diskussionen zur Neuorientierung gab es auch Stimmen, für die Partei einen neuen Namen unter Weglassung von „Kommunistisch“ zu finden.
Diese Versuche sind aber gescheitert. Dazu beigetragen haben auch übergetretene Mitglieder der „Grünen Jugend“. Diese Jugendorganisation der Grünen wurde wegen „linkem“ Abweichlertum aus der Partei ausgeschlossen. Dadurch hat sich der Altersdurchschnitt deutlich verjüngt. Rainer Hackauf ist vor rund 7 Jahren in die Partei mit damals rd. 35 Jahren eingetreten und war das jüngste Parteimitglied. Das hat sich deutlich verändert und das Alter des jetzige Sprecherrats liegt bei rd. 30
Jahren. Insgesamt ist die Partei jünger geworden und ist für linke Aktive interessant geworden.
Die sog. „großen“ Themen spielen eine untergeordnete Rolle, decken sich aber in weitgehend mit unseren Positionen. Ein Defizit besteht bei theoretischer Bildung und Schulung, was aber verbessert werden soll.
Es war ein lebendiger Austausch bei dem viele Fragen behandelt werden konnten.
Die KPÖ ist eine Kümmerer-Partei, die für soziale Gerechtigkeit, Kriegsgegnerschaft, gute Bildung und Gesundheitsversorgung eintritt. Das hat ihr diesen Zulauf beschert. Das Fernziel einer solidarischen und sozialistischen Gesellschaft bleibt aber im Blick.