Linkspartei: Zustimmung zum Aufrüstungskurs

Folgt nach dem Aufschwung der Linkspartei jetzt ein genauso schneller Abstieg?

Auf facebook schreibt Wolfram Adolphi:
„Sie guckt nicht fröhlich, die Schöne vom Neuen Palais, und wie sollte sie auch: Was die Fraktionen der Linken in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern da vorhaben mit ihrer Zustimmung zum Aufrüstungs- und Kriegsertüchtigungskurs der Bundesregierung, ist ein riesengroßer Fehler. Er schwächt die Partei als Ganzes, er schwächt insbesondere deren entschlossen friedenspolitischen Flügel, und er schwächt die Friedensbewegung insgesamt. Die Folgen sind noch nicht abzusehen. Und wofür das Ganze? Für „geile Kommunalpolitik“? Es ist nicht zu fassen. – Liebe Freundinnen und Freunde, ich sage es in aller gebotenen Unaufgeregtheit: Wer glaubt, die Aufrüstung und Kriegsertüchtigung sei ok, wenn nur hier und da ein Brosamen für die Kommunen herausspringt, liegt völlig falsch. Es ist Augenauswischerei und Beiseiteschiebung jeder weiter weg und näher dran liegender historischer Erfahrung. Der Nazis Autobahnbau war „natürlich“ Infrastrukturprogramm, oder? Aber auch wenn Ihr nicht so weit zurückgehen wollt: Welches konkrete positive Ergebnis lässt sich denn anführen, wenn es um Erfolge von PDS- und LINKEN-Regierungspolitik geht? In Brandenburg sind wir von 30 Prozent 2009 auf unter 3 Prozent 2024 abgesackt – und haben doch 10 Jahre lang (von 2009 bis 2019) mitregiert – und dabei u.a. auch einen Regelbruch der SPD bei einer Bundesratsabstimmung hingenommen, um die Koalition zu erhalten. – Und die damals zur Entscheidung stehenden Dinge waren doch tatsächlich Peanuts im Gegensatz zu dem, was heute auf dem Spiel steht. Ein „Ja“ heißt Zustimmung zur Konzept der „Zeitenwende“ und der Kriegsertüchtigung mit allen Konsequenzen, und eine dieser Konsequenzen ist die Wiederkehr des Konzepts des deutschen Kaisers im Ersten Weltkrieg:“ Ich kenne keine Parteien, ich kenne nur Deutsche“. Mit einem „Ja“ lässt man sich ein auf die nationalistische Idee, es gäbe da etwas in der Welt, bei dem man sich mit dem nationalen – oder auch: europäischen -Machtblock verbünden müsse. Oder auch: durch die äußeren Verhältnisse geradezu zwangsläufig mit ihm verschmelze. Dies denken heißt in Richtung Krieg denken und nichts anderes. Heißt Feindbildschürung, Geschichtsrevision und Mittelkürzung bei Bildung, Gesundheit, Altersvorsorge, Pflege, Kunst, Kultur und allem, was zum Gemeinwohl gehört. – Ich weiß, Ihr werdet Euch in Schwerin und Bremen von mir nicht überzeugen lassen. Ich habe Jahrzehnte parlamentarische Praxis erlebt; ich weiß, wie man sich in solchen Fraktionsdebatten von Zweifeln befreit. – Glaubt mir: Wenn die Partei Die Linke eine Zukunft haben will, braucht sie die offene Auseinandersetzung um dieses zentrale, alles überlagernde und bestimmende Krieg-Frieden-Thema. Und irgendwann auch die Kraft zu einer verbindlichen Programmatik.“

Wenn der Genosse Adolphi schreibt: „Und irgendwann auch die Kraft zu einer verbindlichen Programmatik“, dann muß man ihn korrigieren! Diese „verbindliche Programmatik“ braucht es nicht „irgendwann“ sondern es hätte ihn von Anfang an gebraucht!
Es läuft parallel in der Linkspartei: Einerseits Kollegen/Genossen wie den Gewerkschafter Cem Ince (siehe oben, Artikel bei jacobin) und anderer die Führungskräfte an der Spitze, hier die Abgeordneten in Bremen und Brandenburg. Diese beiden Richtungen stehen sich krass (und unversöhnlich!) gegenüber. Solange diese beiden Richtungen aber sich letzlich tolerieren und ihre Gegensätze nicht austragen – mit dem Ergebnis, daß eine Seite das Feld zu räumen hat – wird es immer wieder die Abstürze der Linkspartei geben! Wie Adolphi es benennt: In Brandenburg von 30 auf 3 Prozent!

Viele, die den Ausgang der Bundestagswahlen bejubelten, behaupteten, sie seien eine sozialistische Partei oder auf dem Wege dahin. Aber was ist realistisch, wie kann man den bisherigen Kurs der Linkspartei bezeichnen? Als linken Reformismus!

Zwei „große“ Vergleiche (nicht Gleichsetzungen!): Einmal Bernie Sanders: Er hatte eine starke linke Bewegung hinter sich, hätte eine ernsthafte linke Alternative zu Demokraten und Republikanern aufbauen können. Aber er kapitulierte vor dem Establishment der Demokratischen Partei und eine historische Chance war vertan! (*).  Und dann Jeremy Corbyn: Auch hier eine mächtige linke Bewegung. Sie brachte ihn an die Spitze der Labour Party. Rechte Führer aus der Labour-Fraktion organisierten eine Kampagne mit einem Antisemitismus-Vorwurf gegen ihn, unterstützt von den Massenmedien. Corbyn versagte, weil er nicht – mit der Bewegung im Rücken – gegen die rechten Labour-Führer vorging. Und diese nutzten die Chance, die Partei von Linken (einschließlich Corbyn selbst) zu „säubern“.
Was machten die Bewegungen aus, die Sanders und Corbyn unterstützten?: Aufgestauter Zorn, elende Lage, Angst vor der Zukunft und tiefe gesellschaftliche Unzufriedenheit.
Das Versagen von Sanders und Corbyn führte zum Erstarken von rechten Kräften!
Mehr Mumm, das muß an dieser Stelle gesagt werden, hatte Trump! Er nutzte die Bewegung, die er hinter sich hatte und konnte sich deshalb gegen die Führer der Republikanischen Partei durchsetzen!

In den Kommentaren von Funktionären der Linkspartei wurde nach der Wahl hervorgehoben, daß der Wahlerfolg auch darauf zurückzuführen sei, daß es keinen Streit nach dem Ausscheiden der Wagenknecht-Gruppe mehr gegeben habe. Mit dieser Eintracht ist es jetzt vorbei. Beide Richtungen treten mit ihren Streitigkeiten wieder in Erscheinung, gern aufgegriffen von den bürgerlichen Medien.
Die Streiter handeln nach dem Motto: Lieber ein Schrecken ohne Ende als ein Ende mit Schrecken. Also eine Geschichte ohne Ende. Mit materiellen und immateriellen Vorteilen vor allem für die Führer: Gute Posten, Machtausübung. Und die da unten in der Partei?: Man kennt sich, kommt zusammen, macht sinnvolle Basisarbeit im Stadtteil/vor Ort, hofft auf bessere Zeiten.

Aber es ist kein Ende sondern ein wirklicher Anfang, wenn die Kriegsbefürworter, Regierungstreuen und Coronamaßnahmen-Befürworter rausgedrängt werden.
Die Folge der Entscheidung der Bremer und Brandenburger im Bundesrat wird sein, daß der Großteil derer, die in den letzten Monaten der Linkspartei zugeströmt sind, sie wegen dieser Uneinigkeit jetzt wieder verlassen. Man kann nicht Kriegsbefürworter und Kriegsgegner, die Israel-Unterstützern (Staatsraison) und die Israel-Kritiker wegen ihres Völkermordes an Palästinensern, die, Coronamaßnahmen-Befürworter und -ablehner in einer Partei sammeln, um damit möglichst viele Stimmen bei Wahlen zu bekommen. Diese illusionäre Haltung spielt den van Akens´, Ramelows und Gysis in die Hände. Und ist im Interesse des Klassenfeindes. Und es verhindert den Aufbau einer sozialistischen Partei!

Wie ist der Zustand der Linkspartei kurz nach der Wahl, nach dem massenhaften Zustrom besonders von jungen Menschen? Natürlich ist das ähnlich, aber nicht gleich zu setzen mit den Bewegungen die Bernie Sanders und Jeremy Corbyn unterstützt haben. Aber eines kann man vergleichen: Falls dieser Zustrom von-besonders jungen- Menschen mit „aufgestautem Zorn, in elender Lage, mit Angst vor der Zukunft und tiefer gesellschaftlicher Unzufriedenheit“ sich nicht gegen die Parteioberen um van Aken, Gysi, Ramelow & Co wenden, um sie vom Hof zu jagen, werden sie verzagen und sich wieder abwenden oder von diesen Führern ausgeschlossen werden! Und von diesem erneuten Versagen der Linkspartei wird zur Hauptsache die AfD profitieren.

Fazit: Die belgische Partei PTB/PvdA macht es vor: Man gewinnt Stimmen mit einem „verbindlichen Programm“ und einer entsprechenden Praxis.

(*) Wie ein Kollege aus den USA berichtet, ist Bernie Sanders dabei, seinen Fehler bei der letzten Wahl zu korrigieren. Er baut eine 3. Partei auf, gegen Demokraten und Republikaner. Bei seiner letzten Kundgebung hätten 34 000 Menschen teilgenommen.

Dieter Wegner

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