FRAGE AN DIE LESER VOM JOUR FIXE INFO

Antikommunistisches Plakat 1953 für die Bundestagswahl in Deutschland: "Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau! Deshalb CDU"
Antikommunistisches Plakat 1953 für die Bundestagswahl

Adenauer/Strauß (CDU/CSU) erreichten bei der Bundestagswahl 1953 die absolute Mehrheit. Mit diesem Plakat wollten sie den Wählern Angst machen, was offensichtlich gelang. Die Älteren von uns erinnern sich noch an dies eindrucksvolle Plakat von damals.
Auch heute wollen sie  uns wieder Angst machen. Vor den Russen. Aber heute sind es modernere Medien als simple Plakate. Und fast alle Parteien sind dabei. Und alle Medien: TV und Rundfunk (ob öffentlich-rechtlich oder privat), Zeitungen und Zeitschriften. Damals gab es noch eine ideologisch gefestigte Opposition, Sozialdemokraten, Pazifisten, Christen, Konservative! Und wie wirksam ist dem Kampagne mit dem Dauerbeschuß durch die Medien heute?

 

Wir fragten die Leser vom Jour Fixe Info:

„Ich las die Rede von Stefan Nold, die er in Frankfurt/M auf einer Kundgebung des Anti-Kriegs-Bündnisses hielt. Sein Vater war im Krieg gegen die Sowjetunion und in russischer Gefangenschaft. Sein Vater sagte: „Die Verhältnisse waren katastrophal, aber man hat uns immer menschlich behandelt.“ Stefan Nold sagte: „Ich habe gute Freunde, die gegen Rassismus demonstrieren. Ich frage euch: Wo seid ihr, wenn gegen die Russen gehetzt wird?“ https://gewerkschaftliche-linke-berlin.de/no-money-no-die/
Und hier die Bitte an die Leser vom Jour Fixe Info.
Wie ist eure Einstellung angesichts der Angstmache von Seiten der Bundesregierung und der Massenmedien, daß „der Russe“ uns bald angreift. Paradebeispiel für diese Agitation lieferte Ministerin Baerbock als sie in einer TV-Runde vor dem Einmarsch der Russen in Polen und Brandenburg warnte.
Schreibt uns bitte: Steht der Russe vor der Tür?
kontakt@gewerkschaftslinke.hamburg
Wir werden die Beiträge auf unserer homepage und im Jour Fixe Info veröffentlichen (mit den Initialen der VerfasserInnen). (DW)“

Danke an die KollegInnen, die uns ihre Meinungen zugeschickt haben. Wir bitten um weitere Meinungsäußerungen!

Hier die Zuschriften:
Ich habe keine Angst vor den Russen!
Ich bin Jahrgang 1940. Komme aus Hinterpommern. Wir haben noch eineinhalb Jahre unter den Polen und Russen gelebt, bis wir im Juli 1946 vertrieben wurden.
Aber meine Leute hatten nie Haß auf die Russen, weil sie wußten, daß Deutschland den Krieg angefangen hatte und was die Wehrmacht dort getrieben hat. Sie sahen es als Schicksal an, daß sie dafür aus Pommern vertrieben wurden.
Ich habe keine Angst vorm Russen, aber vor den USA und der Nato, weil sie Rußland seit 1991 immer mehr einkreisen, um Rußland „zu ruinieren“ (Baerbock), dh zu zerschlagen. Als dritten Versuch nach 1914 und 1941.
Ich habe Angst vor Pistorius, Merz, Spahn, Strack-Zimmermann, Baerbock, Hofreiter & Co, die Deutschland für den dritten Versuch kriegsbereit machen wollen.
Und mich beunruhigen die Mitbürger, die angesichts dieser Situation apathisch bleiben, im Gegensatz zu 1983, als in Hamburg vor dem Rathaus 400.000 Menschen gegen die Stationierung von Pershing II protestierten und im Bonner Hofgarten 300.000.
Und heute die Kriegsgefahr um ein Vielfaches höher ist als damals!
(D.G.K.)

Ja!
Tut er! Sagen ja auch Radio & Fernsehn. Ich hab ihn aber noch nich gesehn. Er scheint sich sehr gut zu tarnen. Ich nehme nur noch den Hinterausgang. Bin völlig ratlos, weiß nicht, was ich machen soll, wenn ich ihn vor meiner Tür antreffe. Ich hoffe, die Bundesregierung macht ganz viel Rüstung, dass er ganz doll Angst kriegt und dann hoffentlich wieder wegläuft. Böser Russe.
A.v.P.

Klingt für mich wie ein Aprilscherz (siehe Datum) Wenn es nicht so ernst wäre. Jeden Tag wird er herbei geschrieben. Der Böse! Wo er uns doch schon so oft überfallen hat! Und jetzt sollen wir schon wieder die Opfer vom bösen Russen werden. Das macht mir Angst! Rüsten wir uns, bevor es zu spät ist. Wir müssen nicht zehn, nein, zwanzig mal überlegen sein! Erst dann gibt er auf. Lieber die Klimakatastrophe als den Russen! Kanonen statt Butter! Mehr fällt mir dazu nicht ein.
C.W.H (1.4.25)

Sergej, Marva und Herr Schaufuss
Im April 1945 kam ich auf die Welt. Von den Verwüstungen des Krieges blieben die Landschaft und die Menschen hier größtenteils verschont. Mein Geburtsort ist inmitten einer idyllischen Landschaft in den Bergen der Obersteiermark auf einem großen landwirtschaftlichem Gut mit angeschlossenem Schulbetrieb für Jungbäuerinnen und -bauern. Zu den ersten Erinnerungen gehört, dass Sergej, ein großer Arbeiter auf dem Gut mich auf den Schultern herumträgt. Und jedes Mal, wenn wir uns begegneten nahm er mich auf den Arm, zeigte mir die verschiedenen Landmaschinen usw. Er und seine Frau Marva wohnen in einer Baracke, von denen es einige gab. Sie waren größtenteils leer.
Sergej und Marva gehören wie viele andere Arbeiterinnen und Arbeiter zum Gut, aber sie stammen nicht aus der Steiermark, sondern von ganz weit weg, aus Russland.
Dass es einen Krieg gegeben hat und dass auf dem Gut auch Russen gewesen waren, erfahre ich später aus Erzählungen der Erwachsenen. In den Erzählungen machte man sich über die Russen eher lustig, weil sie sich, als sie noch auf dem Hof waren, manchmal unbeholfen benommen haben. Eine Geschichte, die häufiger erzählt wurde, war diese: Als die Russen die Gegend übernommen haben, gingen sie durch die Gebäude. Wahrscheinlich auf der Suche nach Nahrung oder verkaufbaren Gegenständen. Dabei kamen sie auch in das Zimmer, in dem ich als frisch geborenes Baby in einem Bettchen lag und schlief. Als sie mich sahen, wurden sie ganz leise und gingen auf Zehenspitzen aus dem Raum und betraten das Haus nicht mehr. Wie ich später erfuhr, waren die Russen nur kurze Zeit in der Steiermark, die sie wieder verließen als die endgültige Aufteilung Deutschlands erfolgte.
1954 übersiedelten wir nach Hamburg, weil mein Vater hier wieder Arbeit auf einem Schiff gefunden hat. Erst sehr viel später erfuhr ich, dass Sergej und Marva nicht mehr auf dem Gut wohnen und arbeiten und nach Russland zurückgegangen sind. Sie haben bis nach 1956 gewartet, weil sie vorher Angst vor Repressalien (wegen angeblicher Kollaboration) hatten. Leider habe ich nicht mehr erfahren, wie sie in die Steiermark gekommen sind.
Anzunehmen ist, dass sie als sog. „Fremdarbeiter“ aus den eroberten russischen Gebieten zwangsverpflichtet worden sind. Dass sie nicht die Einzigen waren, darauf deuteten auch die inzwischen schon lange abgerissenen Baracken auf dem Gut hin.
In meinen späteren Schuljahren in Hamburg (1960-62) hatte ich das Glück auf einer damals neuen Schule eine recht junge Lehrerschaft zu haben. Unser Schulleiter, Herr Schaufuss, hat uns Russischunterricht gegeben (man konnte zwischen Französisch und Russisch wählen) und die russische Literatur nähergebracht. Dadurch habe ich sehr früh die bekannten russischen Klassiker verschlungen. Aber auch die Satiren von Michail Soschtschenko.
Das weckte auch das Interesse an der russischen Geschichte, Revolution und die Entwicklung danach.
Wahrscheinlich haben mich diese Erfahrungen in Kindheit und Jugend vor einer diffusen Angst vor Russen bewahrt…
(R.Z.)

Moin.
Ich habe Freunde in der Ukraine und mittlerweile bekomme ich immer mehr Meldungen von Kriegsverbrechen ( die russische Streitkräfte gegenüber Gefangenen verüben) aus dem Land.
Nicht zu unterschätzen sind auch die teilweise wahllosen Drohnenangriffe auf zivile Einrichtungen die eine klare Sprache der Einschüchterung und des Psychoterrors sprechen.
Traumatisierte Menschen , die seit 3 Jahren nicht mehr richtig leben und schlafen können.( nächtlicher Flugalarm etc…)
Zerissene Familien und zerstörte Infrastruktur, die Jahre benötigen um wieder zusammen zuwachsen.
Aufgrund der geschwächten russischen Wirtschaft und der hohen Verluste auf Seiten der russischen Armee ist eine Angst hierzulande eher unbegründet, aber eine militärische Sicherung für unsere europäischen „Ostnachbarn“ kann ich vollends nachvollziehen.
(G.S.)

Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass die „Russen“ uns oder ganz Europa überfallen. Das ist nur ein Vorwand für die ungebremste Aufrüstung und Profitmaximierung. Nach Darstellung unserer Medien sind „die Russen“ unfähig und schlechthin für alles Böse in der Welt zuständig. Ich persönlich habe solches in Dresden nicht erlebt. In meiner Kindheit hatten wir eine Einquartierung eines sowjetischen Offiziers ohne Probleme eher im Gegenteil, er sprach Deutsch und wir Kinder bekamen ab und zu ein Stück Schokolade.
(C.K.)
PS: Es gibt das schöne Lied “ denkst Du die Russen wollen den Krieg“: https://lieder-aus-der-ddr.de/meinst-du-die-russen-wollen-krieg/

Es könnte schon eine Gefahr ausgehen von den Russen, nämlich dann, wenn wir unsere auf Aggression ausgerichtete Politik immer so weiter treiben, z.B. die Mittelstrecken-Raketen stationieren und für die Russen die Gefahr eines westlichen Erstschlages besteht.
(H.H:)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*