Warum wir Peter Mertens, Generalsekretär der Partei der Arbeit Belgiens (PvdA/PTB) zu einem Jour Fixe nach Hamburg holten
Nachdem wir vor einem Jahr von euren Wahlerfolgen gelesen hatten, einer Partei, die offen als kommunistische auftritt mit dem Ziel einer sozialistischen Gesellschaft, versuchten wir mit euch in Kontakt zu kommen. Wir kamen in Kontakt zu Rudi Kermes und kommunizierten mit ihm. Er war im Europa-Wahlkampf und wurde dann ins Europa-Parlament gewählt. Das geplante Jour Fixe zerschlug sich aus Zeitgründen. Wir erfuhren von Genossen aus unserem Umkreis, die bei den mehrtägigen Volksfesten der Partei in Ostende waren, mehr über die PTB/PvdA, daß diese nach ihrer Gründung 1969 eine kleine maoistische Partei war wie etliche auch hier in Westdeutschland, daß sie nach einem Erneuerungsprozeß zu einer kommunistischen Massenpartei wurde, wir erfuhren einiges zu ihrem Verhältnis zu den Gewerkschaften und dem Erfolg in ihren Praxisfeldern.
Das machte uns um so neugieriger!
Deshalb ließen wir nicht locker und im Januar haben dann drei Genossen von uns Peter Mertens auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz angesprochen. Und jetzt hat es endlich geklappt.
Es ging bei den Kontakten mit Rudi und dann mit Dir in Berlin immer darum, daß wir erfahren wollten, warum und wie die PTB/PvdA als einzige Partei in Europa zu einer kommunistischen Massenpartei wurde.
Der Hintergrund von uns Älteren ist ja, daß wir um 1970 in Westdeutschland die Gründung von etlichen kommunistischen Partein oder Organisationen erlebt haben, oft auch dabei waren. Und einige Jahre später ihre Auflösung oder Reduzierung um 90-95 Prozent.
Wir mußten die Angriffe auf die Arbeiterklasse im neoliberalen Kapitalismus mit erleben, mit unserer Ohnmacht bei der Gegenwehr.
Wo die politische und soziale Lage Widerstand und Gegenwehr dringend erfordert hätte.
Die Alten, die jetzt noch aktiv sind, haben die letzten 50 Jahre mit einem schweren Rucksack der Niederlage und des Versagens erlebt. Viele haben resigniert und sich ins Private zurückgezogen.
Und es war ein großer Lichtblick zu erfahren, daß es mit Euch in Belgien eine Ausnahme gibt, denen es vor einigen Jahren gelungen ist, eure kleine maoistische Partei in eine gesellschaftliche wirksame kommunistische Massenpartei zu verwandeln. Diese Tatsache faszinierte uns!
Es gibt den Spruch aus den Bauernkriegen, die sich gerade jetzt zum 500. mal jähren: Geschlagen ziehen wir nach Haus, unsre Enkel richtens besser aus.
Wenn unsere Enkel hier in Deutschland vor der Aufgabe stehen, es „besser auszurichten“, dann müssen sie – wie wir selber – von unseren Fehlern der vergangenen Jahrzehnte lernen.
Aber wir alle haben das große Glück, von Euch, von Eurer erfolgreichen Transformation in eine relevante gesellschaftliche Kraft zu lernen.
Und gerade die junge Generation braucht für die zukünftigen Kämpfe das Wissen über die Grundlagen, die Praxis und die Methoden von Partei- und Organisationsarbeit: Auf der Straße, in den Betrieben, in den Gewerkschaften, bei Streiks und auch bei Wahlen.
Die heutige Jugend ist nur kampffähig, wenn sie aus ihrer Blase rauskommt, aus der Begrenzung auf peer groups, hin zu Bündnissen, offen ist für Zusammenarbeit. Auch daß die Spaltung zwischen den Generationen aufgehoben wird.
Wir vom Jour Fixe Gewerkschaftslinke unterstützen seit über 20 Jahren Betriebsbewegungen, dh Streiks und Betriebsbesetzungen wie auch Bewegung auf der Straße. Und konnten viele Kontakte mit den Aktiven halten.
Ein Genosse aus unserem Umkreis hat vor einigen Jahren ein Büchlein verfaßt: „Betriebsbesetzungen. Als wirksame Waffe im gewerkschaftlichen Kampf. Eine Studie aktueller Beispiele“.
Dieses Thema ist sehr aktuell, angesichts der Schließung tausender Betriebe wegen enorm gestiegener Energiepreise. Welchen Ausweg können die KollegInnen in diesen Betrieben suchen? Besonders betroffen ist die Autoindustrie. Die Konzerne, mit Unterstützung der IG Metall propagieren Rüstungskonversion. Wir sind für Streiks, Betriebsbesetzungen und Konversion in menschenfreundliche Produktion!
Dies Buch versuchen wir verstärkt zu vertreiben, besonders an KollegInnen aus Firmen, die von Schließungen bedroht sind.
Eine weitere Aufgabe unseres kleinen Kreises sehen wir darin, daß sich aus der Vernetzung der letzten 20 Jahre eine Gewerkschaftsopposition formiert, die innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften arbeitet. Dazu wollen wir beitragen.
Ich glaube, ich spreche im Sinne aller GenossInnen aus unserer Planungsgruppe Jour Fixe, wenn ich sage: Wenn unser Jour Fixe nicht in Hamburg sondern in Belgien wäre, würden wir bei PTB/PvdA mitmachen.