Zur Lage: Die westliche Demokratie-Illusion! Die Demokratie-Dämmerung im Westen

Zur Lage: Die westliche Demokratie-Illusion! Die Demokratie-Dämmerung im Westen

Von Alwin Altenwald

Mit diesen beiden Begriffen bringen es Stimmen aus Afrika (westliche Demokratie-Illusion) und Europa (Demokratie-Dämmerung) auf den Punkt!
In ihrem anschaulichen Artikel beschreibt Michaela Bindernagel die Situation in afrikanischen Staaten: Kontinent im Aufbruch. Afrikas »Generation Z« und das Ende der westlichen Demokratieillusion
https://www.jungewelt.de/artikel/501988.essay-kontinent-im-aufbruch.html
Was sie beschreibt: Die Menschen in diesen Teilen Afrikas sind viel bewußter, was Demokratie eigentlich sein sollte! Und vom „Ende der westlichen Demokratieillusion“ in Afrika , dann klingt das sehr erfreulich. Ein „Kontinent im Aufbruch“, das läßt hoffen!
Hatten die Menschen in Afrika doch diese Demokratie von ihren früheren Kolonialherren in ihrem Prozeß der nationalen Befreiung übernommen, nicht nur in Afrika sondern auch in anderen Teilen der Welt.
Falls das so ist, wie die Kollegin Bindernagel schreibt, daß ein neues, antiwestliches Demokratieverständnis nicht nur in Kenia, dem größten Staat Afrikas, kein Einzelfall mehr ist, sondern Ausdruck eines „afrikanischen Erwachens“, dann ist das für uns in Westeuropa eine erfreuliche Nachricht!
Dann könnten wir von diesen kritischen Menschen aus Kenia bzw. ganz Afrika lernen, was wirklich Demokratie heißt.
Sie bekamen 1948 Israel vor die Nase gesetzt, seitdem ständig mit dem Hinweis darauf, Israel sei die einzige Demokratie im Nahen Osten. Und dieses Vorzeigeland des Werte-Westens begeht jetzt Völkermord an den Palästinensern. Und das Handeln der israelischen Regierung wird von den demokratischen Regierungen des Werte-Westens gutgeheißen! Ein Fakt mehr, sich von dieser Art Demokratie abzuwenden – und auch von den Staaten, die sie anpreisen.
Und diese wird auch uns ununterbrochen als alternativlos eingehämmert: Diese formale Demokratie (*), die die Bourgeoisie uns nach ihrem Sieg über den Feudalismus zugestanden hat, um damit die wirkliche Demokratie zu verhindern. Nur die Klasse hat die Macht, die über die Produktionsmittel verfügt.
Afrika ist nicht Europa. Wenn in Kenia und in den Staaten der Sahel-Zone um (wirkliche) Demokratie gekämpft wird, geht es den Menschen nicht in erster um die Macht über die Produktionsmittel. In dem Text von Bindernagel wird anschaulich geschildert, worum es den Menschen dort geht.

Die westliche Demokratie beschreibt Thore Freitag in seiner Rezession des Buches von Veith Selk als „Demokratie-Dämmerung im Westen. Demokratie, lebe wohl!“.
https://kritisch-lesen.de/rezension/fur-demokratisierung-gesperrt

Thore Freitag schreibt zur westlichen Demokratie: „Vielem wird sie nicht gerecht. So frei und gleich sind wir immer noch nicht. Soziale, ökonomische, politische wie auch ökologische Missstände und Ungleichheiten nehmen weiter zu statt ab. Die stets als Problemlöserin für alles heranzitierte Demokratie wird zunehmend selbst zum Problem. Im Zuge dessen frustrieren auch die Menschen an ihr und lösen sich aus dem demokratisch-ideologischen Zwangskorsett der Demokratie.“
Freitag stellt fest, daß wir nach Jahrhunderten dieser westlichen Demokratie noch immer nicht frei und gleich seien, sozial, ökonomisch,politisch und ökologisch! Diese Mißstände und Ungleichheiten nähmen immer noch zu statt ab.
Er zitiert aus dem Buch von Veith Selk: „…die Politisierung der Gesellschaft, die Zunahme politischer Komplexität und Differenzierung, die Entstehung einer Kognitionsasymmetrie in der Bürgerschaft sowie das Ende des politökonomischen Befriedungsmodells des demokratischen Kapitalismus“

Das ist eine zentrale Aussage. Das kapitalistische System wird dem Volk, dem Wähler immer als „demokratischer Kapitalismus“ verkauft. Und Demokratie heißt Parlament. In dem dann die Parteien und Politiker als Beauftragte der Kapitalisten agieren. Den Wählern muß dann vier Jahre vorgemacht werden, daß sie mittels des Wahlaktes mitbestimmen beim den Entscheidungen über ihr Wohlergehen, über ihr Schicksal. Wie Freitag feststellt, glauben das immer weniger BürgerInnen und sind frustriert und wenden sich ab. Der Grund ist nicht die mangelnde Überzeugungskraft von Parteien und Politikern sondern das „Ende des politökonomischen Befriedungsmodells des demokratischen Kapitalismus“!

Seit Beginn der industriellen Entwicklung mit dem Entstehen des Proletariats hatte das politiökonomische Befriedungsmodell funktioniert, abgesehen von Unterbrechungen durch Krisen und Kriegen. Jetzt nicht mehr. Und diese Demokratie wird infrage gestellt!
Und wenn sie erfahren, wie der demokratische Kapitalismus im Parlament wirklich funktioniert, wie es Dominic Cummings, der Ex-Chefberater von Boris Johnson, ausplaudert, dann dürfte die Abwendung von diesem System noch zunehmen:
Ein Blick hinter die demokratische Fassade:
Ex-Berater enthüllt: Britische Regierung ist nur Theater! Dominic Cummings, Ex-Chefberater von Boris Johnson, packt aus:
„Das Kabinett ist nur Bühnentheater – entschieden wird längst im Hintergrund.“
„Das ganze System ist eine Illusion, gesteuert von Leuten, deren Namen nie in der Zeitung stehen.“
„Es klingt wie Satire, aber so funktioniert der britische Staat wirklich.“
https://x.com/FMannuss/status/1932865407284641959    https://www.youtube.com/watch?v=7-sCQAhkE8w

Eine Folge der Desillusionierung über den demokratischen Kapitalismus, daß viele der Enttäuschten sich nach rechts wenden, AfD wählen. Sie werden enttäuscht werden, weil die AfD eine neoliberale Partei ist wie die übrigen. Es wird dauern bis sie sich von diesem Irrglauben gelöst haben. Das Erstarken eine linken Bewegung oder klassenkämpferischer Gewerkschaften bei denen sie andocken könnten, würde ihren Lernprozeß beschleunigen.

Was ist nun wirkliche Demokratie? Es gibt sie nur, wenn die Produzenten, also die Beschäftigten, Eigentümer der Produktionsmittel sind! Sonst ist das eine formale Demokratie, in der die Bourgeoisie bzw die Eliten herrschen. Das Wesen dieser Demokratie ist, daß sie eine soziale und eine Herrschaftsseite hat. Die soziale Seite hat die Funktion, das Volk ruhig zu halten, damit die Herrschaftsseite und damit letztlich die militärische Seite nicht eingesetzt zu werden braucht. Ein wichtiges Herrschaftsinstrument sind die Wahlen, alle vier Jahre. Den Menschen wird dadurch vorgegaukelt, daß sie mitbestimmen würden. Durch die Wahl „ihrer“ Partei oder die Wahl des kleineren Übels. Aber der Wahlzettel wird in die Urne getan – und ist weg. Die ParlamentsvertreterInnen bestimmen ab jetzt – im Interesse der Konzerne, der Wirtschaft, dirigiert von den Lobbyisten (**). (Auf einen Abgeordneten kommen etwa 30 registrierte Lobbyisten.)

Und die Wahlen haben den psychologischen Zweck, die WählerInnen mit hineinzuziehen in eine scheinbare Verantwortung für das kapitalistische System mittels eines demokratischen Aktes! Falls sie Kritik haben an den Regierungsmaßnahmen, Maßnahmen im Interesse der Konzerne und der Finanzoligarchie, wird ihnen entgegengehalten:
Aber ihr habt uns doch gewählt! Dann bleibt den KritikerInnen nur noch ein gestammeltes „Ja, aber …“ Sie sind entwaffnet und bleiben sprachlos.
Ich kenne seit Kindheit den Spruch: Ja, ja, Geld regiert die Welt. Aber die das sagten, gingen dann am Sonntag brav ins Wahllokal und wählten „das Geld“.
Am Elbstrand an einer Mauer stand jahrzehntelang der Spruch: Wenn Wahlen was verändern würden wären sie verboten.
Zwei Seiten wohnen in der Brust der wohlstandsgewohnten WählerInnen, einmal als gehorsame StaatsbürgerInnen, die alle vier Jahre zum Kreuzchenmachen gehen und zum anderen haben sie das tiefe Gefühl, daß „Geld die Welt regiert“. Aus diesem Gefühl muß Einsicht und Klarheit werden, die wirkliche Demokratie zu realisieren.

Es ist erfreulich, wenn in den Industrieländern immer mehr Menschen kritischer werden gegenüber der formalen Demokratie und noch erfreulicher ist, wenn unter ganz anderen Bedingungen Menschen in Afrika – vielleicht auch in Asien und Lateinamerika – sich auf den Weg begeben zu einer wirklichen Demokratie!
Und ein dritter erfreulicher Faktor ist es, daß mit BRICS und BRICS Plus eine geostrategische Macht entstanden ist, die die USA und die Nato herausfordert. Ungeachtet dessen, daß BRICS-Staaten außenpolitisch positiv zu bewerten sind, aber innenpolitisch zu kritisieren!
Wir leben in einer Welt, die wenig erfreuliche Ereignisse vermeldet, fast nur Kriegs- und Katastrophenmeldungen.
Aber eben auch die oben benannten erfreulichen Tendenzen!

(*) Und dennoch muß die Arbeiterklasse Errungenschaften dieser formalen Demokratie, wie wir sie zB im Grundgesetz finden, verteidigen. Gerade, wo sie jetzt von den Herrschenden eingeschränkt werden. Und diese formale Demokratie ist vorzuziehen einem Polizeistaat oder einer Militärherrschaft. Sie bietet uns einen besseren Kampfboden für das Ziel einer sozialistischen Gesellschaft als jede andere Staatsform.

(**) „Lobbyismus: Eine Hand wäscht die andere“
Interview mit Marco Bülow
https://www.oekologiepolitik.de/2025/06/16/eine-hand-waescht-die-andere/

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