Kolleginnen und Kollegen,
Ich bin Sven Vaith und arbeite in Halle 12 an der iSG Montage (integrierter Starter Generator Montage).
Wir sind heute hier in einer Zeit, in der die Arbeitsplatzvernichtung in der Automobil – und Zulieferindustrie zur bitteren Normalität geworden ist.
Während die Konzernspitzen Milliardengewinne einfahren und Aktionäre sich an ansteigenden Dividenden erfreuen, geht es uns an die Substanz. Die ersten, die immer dran glauben müssen, sind unsere Leiharbeiter-Kollegen, die genauso hart schuften wie wir, aber mit weniger Rechten, weniger Sicherheit und zum Teil weniger Lohn.
Mercedes hat mit seinem sogenannten Sparprogramm, was eher ein Umverteilungsprogramm ist, eine besonders perfide Methode gefunden, um Druck auf unsere Leiharbeiter-Kolleginnen und Kollegen auszuüben: Sie werden faktisch aufgefordert, in die IG Metall einzutreten, denn der volle Tarifvertrag gilt erst nach sechs Monaten. Bis dahin bleiben sie in den Tarifbedingungen der Leiharbeitsfirmen. Nicht das ich es nicht richtig finde, wenn Kollegen in die IG Metall eintreten, aber eine inhaltliche Überzeugung zur Mitgliedschaft wäre mir lieber.
Einige von ihnen wurden jetzt endlich fest übernommen – das ist gut, aber es reicht nicht! Im Mercedes Werk Hamburg haben wir einen hohen Altersdurchschnitt in der Belegschaft. Wir brauchen diese Übernahmen, denn in den nächsten Jahren gehen viele von uns in Rente. Wenn diese Stellen nicht 1:1 nachbesetzt werden, bedeutet das nur eins: weiteren Stellenabbau und die Anzahl der Arbeitsplätze wurden hier in den letzten Jahren schon enorm reduziert.
Und wer glaubt, das sei unvermeidbar, der soll mir erklären, warum die Produktivität in der Industrie seit den 90ern fast verdoppelt wurde – unser Lohn aber nicht.
Wo bleibt der Reichtum, den wir mit unseren Händen erarbeiten?
Die Antwort ist einfach: Er landet in den Taschen derer, die nichts produzieren, aber alles entscheiden. Während wir jeden Tag unsere Leistung bringen, wird unser Anteil am Kuchen immer kleiner.
Und was macht der Konzern? Er setzt auf Profitmaximierung – koste es, was es wolle.
Doch diese Gier hat Folgen: Sie macht die Klassen – Spaltung der Gesellschaft immer deutlicher. Immer mehr Menschen werden abgehängt, während eine kleine Elite sich die Taschen vollmacht. Viele Unternehmen, in der Metall – und Elektroindustrie, wollen jetzt vom Rüstungswahnsinn profitieren – finanziert mit unseren Steuergeldern! Geld, das stattdessen in Arbeitszeitverkürzung, in ein gutes Gesundheitssystem, in Schulen und Kitas fließen könnte.
Aber Krieg bringt keinen Wohlstand – er bringt nur Tod und Zerstörung.
Die Profiteure sitzen sicher in ihren Villen, während andere für ihre Geschäfte sterben. Wir haben nichts davon – im Gegenteil. Doch wir haben eine Stimme. Und wir müssen sie erheben!
Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen uns nicht länger fremdbestimmen lassen!
Die Lehre aus den beiden Weltkriegen und dem Faschismus ist, dass von Deutschland nie wieder Krieg ausgehen soll. Dies spiegelt sich im Artikel 139 Grundgesetz wider, der die Fortgeltung der Entnazifizierungs- und Demilitarisierungsvorschriften sicherstellt, sowie im Potsdamer Abkommen von 1945, das die Zerschlagung der Rüstungskartelle und die Verhinderung einer Wiederbewaffnung Deutschlands als kriegstreibender Macht vorsah.
Diese Forderung steht nicht zufällig auch in der Satzung der IG Metall unter §2. Sie ist aktueller denn je!
Die Friedensbewegung und die Klimagerechtigkeitsbewegung kämpfen bereits für eine andere Zukunft. Und wir?
Wir müssen uns anschließen! Denn eine echte Zukunft für die Autoindustrie heißt: weg vom individualisierten Luxuskarossen-Wahnsinn, hin zu sinnvollen Produkten wie ÖPNV-Lösungen und Straßenbahnen. Jede Vernunft spricht dafür – nur die Kapitalisten-Interessen dagegen.
Es heißt immer, die Zeiten seien schlecht. Doch nicht die Zeiten sind schlecht – die Machtverhältnisse sind es!
Und die können wir ändern. Wenn wir zusammenhalten. Wenn wir uns nicht spalten lassen. Wenn wir kämpfen – für sichere Jobs, für Löhne, von denen man ein ordentliches Leben führen kann mit Freizeit, Kultur, Urlaubsreisen und für eine menschliche Arbeitswelt.
Die Merz-Regierung plant jetzt eine sogenannte Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes und orientiert sich hierbei an der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Aber es geht hier eben nicht um die Flexibilität, einmal zwei Stunden mehr zu arbeiten, sondern im Zweifel fünf, also 13 Stunden.
Warum 13? Ganz einfach: Auch die europäische Arbeitszeitrichtlinie kennt durch die Hintertür eine maximale tägliche Arbeitszeit. Zwar ist diese nicht als solche definiert, aber es sind elf arbeitsfreie Stunden pro Tag festgelegt und 24 minus elf sind 13.
Deshalb: Organisiert euch dagegen! Tretet der IG Metall bei, verbessert diese! Lasst uns gemeinsam Druck machen – für eine Zukunft, in der nicht die Profite, sondern die Menschen und Umwelt im Mittelpunkt stehen!
Solidarität ist unsere stärkste Waffe – nutzen wir sie!
Danke für eure Aufmerksamkeit!