Über uns

Stand vom September 2021

 

Wir bieten eine Plattform für Gewerkschaftsmitglieder, Ausgetretene und Nichtmitglieder

Wir wenden uns an Vollzeitbeschäftigte, prekär Beschäftigte, Migranten/innen, Auszubildende in Betrieben und Hochschulen, Erwerbslose und Rentner/innen.Wir sind ein Treffpunkt für alle, die Widerstand leisten wollen gegen die Verschärfung der Ausbeutung im Betrieb und die sich verschlechternden Alltags- und Lebensbedingungen der Lohnabhängigen und „kleinen Leute“.

Es gibt uns seit Oktober 2005.

Es war das Jahr in dem die SPD/Grüne-Regierung ihren Auftrag „Agenda 2010“ im Sinne der Profit-Wirtschaft abgeschlossen hatte. Maßgeblich entwickelt wurde dieses Programm „Für mehr Wachstum und mehr Beschäftigung“ und „Kürzungen staatlicher Sozialleistungen“ von der Bertelsmann-Stiftung. „Agenda 2010“, flankiert von Regierungs-, Kapitals- und Gewerkschaftsfunktionären. Agenda 2010, Hartz I-IV, das bedeutete die massenhafte Ausweitung eines Niedriglohnsektors mit prekären Arbeitsverhältnissen wie Minijobs, Leiharbeit, Werkverträgen und befristeten Jobs, das bedeutete die Einschränkung der Arbeitslosenversicherung, der Sozialhilfe, die Absenkung der Löhne durch Auflösung von Tariflöhnen, Reduzierung des Kündigungsschutzes etc. „Agenda 2010“ – das war das Konzept der rasanten Verarmung großer Teile der Lohnabhängigen durch die explosive Zunahme der Profite der großen Monopol-Unternehmungen. Der „Standort Deutschland“ sollte zu einem Paradies für hemmungslose Ausbeutung, dieses Land wieder zu der „Führungsmacht Nummer 1“ in Europa gemacht werden.

Wir erleben heute, wie dieses Konzept aufgegangen ist.

Wir sahen mit Erstaunen, mit Enttäuschung, Entsetzen und Empörung, wie die Gewerkschaften des DGB dieses Konzept im Ganzen als wegweisend für die „Regulierung des Arbeitsmarktes“ erklärten. Wie immer bei solchen Vorhaben gab es dazu ein bisschen mahnende Begleitmusik- so am 1.Mai 2003 mit Parolen wie „Reformen ja, Sozialabbau Nein Danke“ oder „Mut zum Umsteuern“ und „Menschlich modernisieren – gerecht gestalten“. Widerstand gegen die Agenda wurde vom DGB nicht organisiert, obwohl doch die Gewerkschaften die natürlichsten Gegner dagegen sein müssten. Was ist das für ein Gewerkschaftsbund, wenn er nicht einmal bei einem so offen und radikal arbeiterfeindlichen Programm seine Mitglieder zum Protest aufruft?

Wirksame Gewerkschaften sind nötig – mehr denn je!

Wir sollten uns stets in Erinnerung rufen, zu welchem Zweck ursprünglich Gewerkschaften von den Lohnabhängigen ins Leben gerufen wurden, nämlich der Macht der Kapitalisten (verfälschend mit „Arbeitgeber“ oder „Unternehmer“ bezeichnet) die organisierte Kraft des Proletariats (verfälschend mit „Arbeitnehmer“ bezeichnet) gegenüberzustellen. Gewerkschaften nehmen sich vor, Konkurrenz unter den ArbeiterInnen zu beseitigen oder wenigstens zu beschränken und Einheit unter ihnen herzustellen. Nur in dieser Einheit liegt ihre Kraft. Nur mit ihr lässt sich der aktive Widerstand gegen die Ausbeutung am Arbeitsplatz organisieren. Gewerkschaften legen Wert auf die Aktivitäten der Mitglieder, um Verträge mit den Kapitalisten über Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatzsicherheit abschließen zu können, die die Ausbeutung am Arbeitsplatz abmildern sollen. Gewerkschaftliche Aktivitäten sind immer auch politische Aktivitäten – ob sich die Mitglieder dessen bewusst sind oder nicht. Jeder ernsthafte Protest und Streik läßt die Kapitalisten insgesamt aufschrecken, bringt ihre Medien, Polizei, Justiz und Regierungen ins Spiel. Tagtäglich gibt es Empörung und Wut über Ungerechtigkeiten am Arbeitsplatz. Es herrscht fast überall ein für Außenstehende kaum erkennbarer Kleinkrieg. Von Zeit zu Zeit entlädt sich die angestaute Empörung. Einzelne KollegInnen und ganze Belegschaften beginnen sich spontan und eigenständig zu wehren. In einer solchen Situation rufen sie ihre Gewerkschaften zu Hilfe. Denn ohne das Kollektiv, die Gewerkschaften verpuffen die Aktionen und Proteste im Betrieb nach nur kurzer Zeit, seien sie auch noch so radikal. Geschichtlich gesehen wurden Gewerkschaften von den ArbeiterInnen immer im Gefolge von Arbeitskämpfen als ihre eigenen Hilfsorganisationen gegründet. Ihre programmatischen Ziele, ihr entsprechender Organisationsaufbau mit Funktionären, Sekretären und Vorständen, ihre durch Mitgliedsbeiträge angefüllten Kassen haben nur den einen Zweck, dem Kampf der Mitglieder uneingeschränkt zu dienen. Die Mitglieder bestimmen, wo es lang geht. Es darf nicht umgekehrt geschehen, dass sich Vorstände und ihre Funktionäre über die Interessen „ihrer Beitragszahler“ hinwegsetzen.

Und die DGB-Gewerkschaften?

Heute existiert in der BRD der DGB als offizielle Einheitsgewerkschaft. Er hat sich auf seine Fahnen die Parole von einem friedlichen Bündnis mit den Kapitalisten, der „Sozialpartnerschaft“ geschrieben.Widerstand gegen die Gewalttaten des Kapitals wird von den im DGB zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften nicht gerne gesehen. Da er sich aber nicht vermeiden lässt, solange Ausbeutung herrscht, versuchen sie, ihn in geordnete, legale Bahnen zu lenken. Sie sorgen sich um den sozialen Frieden in der Gesellschaft und die Harmonie am Arbeitsplatz oder einfacher ausgedrückt, um die ungestörte Ausbeutung. Sie verstehen sich als Kontroll- und Ordnungsfaktor, als Staatsgewerkschaften der heutigen BRD. Alle Proteste und Streiks der Arbeiter/innen, die nicht von ihnen kontrolliert werden können, werden als „wild“ und „illegal“ verunglimpft. Die Auswirkungen dieser Politik der „Sozialpartnerschaft“ zeigen sich darin, dass ursprüngliche und berechtigte Forderungen der ArbeiterInnen (ob Mitglieder oder nicht) von diesen DGB-Gewerkschaften zwar aufgegriffen werden, um sie dann aber zu verwässern, zu verdrehen oder als nicht durchsetzbar fallenzulassen. Die potentielle Kampfkraft von Belegschaften wird nicht ausgeschöpft, stattdessen werden Arbeitskämpfe vorzeitig mit einem faulen Kompromiss beendet.

Wir vom Jour Fixe, was wir sind und was wir wollen

Wir vom Jour Fixe Gewerkschaftslinke wissen, dass unsere Einschätzung über die DGB-Gewerkschaften mit ihren auf Sozialpartnerschaft ausgerichteten Zielen und Praktiken von der meist passiven Mehrheit der Mitglieder nicht geteilt wird. Viele geben sich mit dem vorhandenen Zustand zufrieden. Andere, die durch eigene bittere Erfahrungen am Arbeitsplatz die Notwendigkeit von Gewerkschaften erkannt haben, setzen als Neu-Mitglieder große Hoffnungen in ihre Organisation. Es gibt aber auch eine nicht geringe Anzahl von Mitgliedern, meistens die Aktiven, die von ihren Verbänden ständig enttäuscht werden. Sie erfahren schmerzhaft die Diskrepanz zwischen den schön und manchmal radikal klingenden Sonntagsreden der Funktionäre und ihrer Praxis im Alltag. Besonders an diese KollegInnen wendet sich Jour Fixe. Wir versuchen mit unseren bescheidenen Mitteln, diesen Enttäuschten eine Stütze zu sein, damit sie die Kraft behalten, innerhalb ihrer Verbände weiter aktiv zu bleiben, aktiv im Sinne von mitgliederorientierter Gewerkschaftsarbeit. Wir vom Jour Fixe sind nicht „gewerkschaftsfeindlich“, wie es uns von Zeit zu Zeit unterstellt wird, sondern ganz im Gegenteil konsequente Anhänger der Idee von Gewerkschaften. Richtschnur für uns ist aber, dass diese das Instrument sind, mit dem die Mitglieder selbstbewusst, mutig und eigenständig kämpfen können. Widerstand leisten, sich wehren gegen die Ausbeutung im Betrieb – das steht an vorderster Stelle der Unterstützungsarbeit des Jour Fixe. Das ist die Stoßrichtung. Nur in diesem Zusammenhang wird unser beharrliches Anliegen verständlich, auf die irreführende Politik und Praxis der Führungen der DGB-Gewerkschaften und ihrer Apparate hinzuweisen!

Zusammengefaßt: Es geht uns um die Unterstützung eigenständiger Kämpfe und wirklicher Bewegung.

Angesichts drohender Weltkatastrophen durch den Kapitalismus setzen wir unsere Hoffnung auf das Entstehen von Bewegungen und Organisationen der Jugend für soziale Gerechtigkeit, gegen die Klimakatastrophe, für Tierrechte. Wobei wir konstatieren, daß es noch bei vielen KollegInnen, ob jungen oder älteren an Bewußtsein und Praxis der Notwendigkeit von Widerstand und Organisierung am Arbeitsplatz, in den Betrieben mangelt.

Was ist Jour Fixe Gewerkschaftslinke?

Mit unseren monatlichen Treffen bieten wir ein linksöffentliches Forum an. Wir sind kein Verein mit formaler Mitgliedschaft. Wir sind unabhängig von allen Parteien, Gewerkschaften oder anderen Organisationen. Wir sind parteiisch in Bezug auf die Lage der Lohnabhängigen, aber parteipolitisch neutral.Wir sind dreifach aktiv: Durch eigene regelmäßige monatliche Veranstaltungen (deshalb der Name Jour Fixe), Infos im Internet und Einmischen bei Arbeitskämpfen im Betrieb. Insofern sind wir eine politische Gruppierung.

Monatliche Jour Fixes

Eine Vorbereitungsgruppe plant regelmäßig monatlich stattfindende öffentliche Veranstaltungen zu grundsätzlichen und betriebskonkreten Themen: An erster Stelle sind es authentische Berichte, Eindrücke und Analysen zu örtlichen, nationalen und internationalen Arbeitskämpfen, bzw. Betriebskonflikten – seit 2005. Beispiele: Gate Gourmet (Flughafen Düsseldorf), bike system (Fahrradfabrik in Nordhausen), GHB (Gesamthafenbetrieb Bremerhaven und Bremen), Bosch-Siemens (Berlin-Spandau), S-Bahn (Berlin), Pflegen und Wohnen (Hamburg), Krankenhäuser (Hamburg), Mercedes-Werk (Bremen), Neupack (Hamburg/Rotenburg), Amazon (vor allem Bad Hersfeld und Winsen/Luhe), Goodgame (Hamburg), Trucker (national und international), zum System Tönnies mit Inis aus Rheda-Wiedenbrück, Gütersloh, Weißenfels und Kellinghusen. Wir hatten zu Gast KollegInnen aus der Türkei, Griechenland, Frankreich, Serbien, China und anderen Ländern, die uns ihre Kämpfe schilderten.

Weiter gibt es Vorträge zu Grundsätzlichem wie Aspekte der Gewerkschafts- und Arbeiterbewegung, Entstehung des DGB, Sozialpartnerschaft, Agenda 2010, Bertelsmann-Stiftung, „Kranke“ Arbeitswelten, usw.

Rundbrief „Jour Fixe Info“

Er wird mehrmals im Monat verschickt – in der Regel vier mal – und hat den Zweck, über wichtige gewerkschaftspolitische Themen zu informieren, mit aktuellen Berichten, aber auch grundsätzlichen und analytischen Einschätzungen.