Jour Fixe Info 27-2020. 16. Jahrgang – 23.05.2020
Aktuelle Sammlung von – vor allem – gewerkschaftspolitischen Artikeln, Beiträgen und Fakten als Ergänzung zu den Veranstaltungen des „Jour Fixe“ in Hamburg
- 01 Ende der Werkverträge in der Fleischindustrie?
- 02 Keine Privatisierung und Zerschlagung der Berliner S-Bahn
- 03 Pflegekräfteimperialismus in Zeiten von Corona
- 04 Voith (Sonthofen): Werk wird dichtgemacht
- 05 Gabriele Heinecke: »Mal so eben ein Verfassungsrecht weggefegt«
- 06 „75. Jahrestag der Befreiung – 75 Jahre unbeglichene Schuld(en)“
- 07 „VON DUNKLEN WOLKEN ZUM ÖKONOMISCHEN ORKAN“
- 08 Amazon und das Virus: Profit auf Kosten der Beschäftigten?
- 09 Behörden-Irrsinn Kein Geld! Selbständige Hamburgerin fällt durchs Corona-Raster
- 10 Bernie Sanders war unsere beste Chance – bis jetzt
- 11 Vorschlag Nobelpreis: Kubas Medizinbrigade »Henry Reeve«
- 12 Chile: Selbstorganisierung und Koordination für eine andere Gesellschaft
01 Ende der Werkverträge in der Fleischindustrie?
Von Rainer Striewski
Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind dem Landesarbeits- und Gesundheitsminister Laumann die Werkverträge in der Fleischindustrie ein Dorn im Auge. „In der Fleischindustrie muss sich etwas ändern“, so Laumann. Er halte es für eine gute Idee, die Werkverträge für die Fleischindustrie gesetzlich abzuschaffen.
Unterstützung kommt dabei von Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Clemens Tönnies habe sich laut Laumann in einem Brief auch für die Abschaffung der Werkverträge ausgesprochen – wenn die Regelung für alle gelte.
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/coesfeld-lockerungen-laumann-100.html
Anmerkung:
Das Ende der Werkverträge hatten die deutschen Großschlachtereien schon 2014 und 2015 in Selbstverpflichtungen versprochen. Und nicht eingelöst! Und weder vom Bundestag noch von den Länderregierungen wurden sie beim Wort genommen, stattdessen hofiert! Und keine oder lasche Kontrollen durchgeführt. Damit konnten die Fleisch-Barone gut leben und ihre Millionen und Milliarden anhäufen. Auf dem Rücken ihrer Opfer, den WerksvertragsarbeiterInnen. Jetzt wird dem größten und reichsten der Fleisch-Bosse das Eisen zu heiß und Tönnies bietet das Ende der Werkverträge an. Was wir alle, angefangen von Adrian Peter, Peter und Florian Kossen, Inge Bultschnieder und alle anderen Akteure und Initiativen gegen das System Tönnies nicht erreicht haben, scheint plötzlich zu klappen. Warten wir es ab – aber machen weiter!
Und was zeigt uns das noch, falls Tönnies seine Kapitalisten-Brüder dazu bringt, das Werkvertragssystem abzuschaffen? Daß die Kapitalisten es schon selber machen müssen, dieses skandalöse System abzuschaffen! Die Bundesregierung war unfähig/unwillig dazu. Und wir aus den Initiativen waren dazu auch nicht stark genug.
Warten wir ab, was bei der Gesetzesgestaltung herauskommt. Minister Heil steht einerseits unter hohem Erwartungsdruck der Bevölkerung und andererseits stürmen die Interessen der Fleisch-Barone und ihrer parlamentarischen Vertreter von CDU/CSU/FDP auf ihn ein.(DW)
Solidarität mit den Arbeiter*innen in der Tierindustrie!
Aufruf vom Bündnis Gemeinsam gegen die Tierindustrie zu bundesweiten Aktionstagen vom 28.-31. Mai
https://gemeinsam-gegen-die-tierindustrie.org/solidaritaet-mit-den-arbeiterinnen-in-der-tierindustrie/
02 Keine Privatisierung und Zerschlagung der Berliner S-Bahn
Sofortige Rücknahme der Ausschreibung!
Worum es geht? Der rot-rot-grüne Senat und Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) haben die Ausschreibung der S-Bahn Berlin beschlossen. Dazu soll das Netz dreigeteilt werden. Es droht die Privatisierung und Zerschlagung der S-Bahn auf Kosten von Beschäftigten, Fahrgästen und Klima. Diese Pläne des Senats bremsen die sozial-ökologische Verkehrswende aus. https://www.eine-s-bahn-fuer-alle.de/
Anmerkung:
Die selbst- und basisorganisierte GDL Ortsgruppe „S-Bahn Berlin“ ist ganz vorn dabei im Widerstand gegen die Zerschlagung der S-Bahn! Sie hat sich offen gegen die allein politisch gewollte Ausschreibung, Zerschlagung und Privatisierung der S-Bahn gestellt und sich auch sonst öfter in provokanter Form mit dem Management der S-Bahn angelegt, wenn es um die Rechte und Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten bei der S-Bahn geht. (DW)
Berliner S-Bahn unterm Hammer. Chaos, miese Qualität und hohe Preise für beste Renditen
Im Windschatten der Corona-Krise haben der Hauptstadtsenat und die Landesregierung von Brandenburg endgültig die Weichen zur Zerschlagung der Berliner S-Bahn gestellt. Damit drohen künftig neben der Deutschen Bahn bis zu drei zusätzliche Akteure für überhöhte Preise, schlechte Qualität und Chaos zu sorgen. Weitere Opfer werden die Beschäftigten, der Steuerzahler und das Klima sein. Die politisch Verantwortlichen, darunter die Linkspartei, versprechen dagegen das Blaue vom Himmel und bestreiten, dass es um Privatisierung geht.
https://www.nachdenkseiten.de/?p=60747
Proteste gegen S-Bahn-Ausschreibung: Nicht mit uns!
Berliner Bündnis Eine S-Bahn für Alle kritisiert Einigung über die Ausschreibung der S-Bahn und kündigt Proteste an
Pressemitteilung des Aktionsbündnisses Eine S-Bahn für Alle
Von Katrin Kusche
Dazu Uwe Krug, Vorsitzender der Ortsgruppe S-Bahn Berlin der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL):
„Es geht bei der Ausschreibung nicht darum, die S-Bahn auszubauen, sie pünktlicher zu machen oder die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Es geht um die Profitinteressen privater Betreiber. Es kann nicht sein, dass die S-Bahn privatisiert wird und wir als Beschäftigte dafür zahlen. Fast alle der Kollegen sagen: Nicht mit uns! Unsere Gesprächsangebote wurden von der Politik bislang ignoriert. Jetzt müssen wir neue Wege gehen: Wir als Beschäftigte werden uns zu wehren wissen.“
https://www.gemeingut.org/proteste-gegen-s-bahn-ausschreibung/
03 Pflegekräfteimperialismus in Zeiten von Corona
Wie Deutschland sich an den Ressourcen anderer Länder bedient und wofür so ein Virus alles herhalten soll
Bekannt ist, dass Gesundheitsminister Spahn durch die Welt reist, um Pflegekräfte für den Dienst an deutschen Krankenhäusern zu gewinnen.
https://www.untergrund-blättle.ch/politik/deutschland/corona-pflegekraefte-balkan-4552.html
Pflegegewerkschaft “Bochumer Bund” hat sich gegründet
“Heute gründet sich die neue Pflegegewerkschaft “Bochumer Bund”. Sie will Mitarbeiter von Pflegediensten, Krankenhäusern und Seniorenheimen besser unterstützen… Ein Hauptanliegen der neuen Gewerkschaft ist eine angemessene Bezahlung. Monatlich werden 4.000 Euro brutto für Pflegekräfte gefordert. Vertreten wird die Gewerkschaft durch drei junge Pfleger aus dem Ruhrgebiet…. Von der eigentlich zuständigen Gewerkschaft Verdi sind die Gründer des “Bochumer Bundes” enttäuscht. Verdi behandle den Bereich Pflege nur als Untergruppe im Bereich Gesundheit und Soziales…”
Mit Interviews im WDR und Homepage:
https://www.labournet.de/branchen/dienstleistungen/gesund/gesund-pflege/pflegegewerkschaft-bochumer-bund-hat-sich-gegruendet/
Alexander Jorde: Das Pflegesystem wird uns um die Ohren fliegen
Interview mit Alexander Jorde geführt von Steve Hudson und Ines Schwerdtner
Die Pflegekräfte sind nicht erst seit der Corona-Krise am Limit. Alexander Jorde spricht über die Situation in der Pflege und wie sich die Beschäftigten selbst organisieren können.
https://jacobin.de/artikel/alexander-jorde-pflege-streik-corona/
Anmerkung:
Hoffen wir, daß der Wunsch von Alexander Jorde und allen übrigen dort Arbeitenden in Erfüllung geht! So wie jetzt das Werkvertragssystem in der Fleisch-Industrie dessen Förderern und Schützern im Bundestag jetzt um die Ohren fliegt. (DW)
04 Voith (Sonthofen): Werk wird dichtgemacht
Belegschaft von Maschinenbauer Voith in Sonthofen kämpft nun um Sozialtarifvertrag
Von Oliver Rast
Die Streikenden sind enttäuscht, aber nicht geschlagen. So könnte man die Situation im Kampf für den Erhalt des Werkes beim Maschinenbauer Voith in Sonthofen im Oberallgäu nach dreieinhalb Wochen Streik beschreiben. Das Hauptziel Standortsicherung scheint unrealistisch, gestreikt wird aber weiter.
https://www.jungewelt.de/artikel/378495.ausstand-im-allg%C3%A4u-werk-wird-dichtgemacht.html
Anmerkung:
Wenn man in die Gesichter auf dem Photo sieht denkt man an eine Beerdigung. Nur das dort keine roten Fahnen und Plakate getragen werden und man etwas feierlicher gekleidet ist. Und eine Beerdigung ist es ja auch. Die KollegInnen sind geschlagen, haben ihr Ziel, die Erhaltung des Betriebes nicht erreicht. Jetzt geht es nur noch um die Höhe der Abfindung. (DW)
05 Gabriele Heinecke: »Mal so eben ein Verfassungsrecht weggefegt«
Über Demonstrationen unter der Seuchenverordnung, falsche Freunde des Grundgesetzes und Blaupausen für später
Interview: Markus Bernhardt
https://www.jungewelt.de/artikel/378468.coronakrise-mal-so-eben-ein-verfassungsrecht-weggefegt.html
Anmerkung:
Wir hatten für den 1. April ein Jour Fixe vorgesehen mit Gabi Heinecke zum Thema:Hamburger Polizeigesetz
Das mußten wir wegen Corona verschieben. Es wird nachgeholt! Wir freuen uns auf das kommende Jour Fixe mit Gabi! (DW)
COVID-19 verschärft die Überwachung am Arbeitsplatz: Digitale Kontrolle von Beschäftigten
In der Pandemie sprießen digitale Werkzeuge zur Kontrolle von Beschäftigten wie Pilze aus dem Boden. Welche Mittel bleiben uns, um dauerhafte Eingriffe in die Privatsphäre zu verhindern?
https://netzpolitik.org/2020/covid-19-verschaerft-die-ueberwachung-am-arbeitsplatz/
06 „75. Jahrestag der Befreiung – 75 Jahre unbeglichene Schuld(en)“
Aufzeichnung der Veranstaltung, 80 Minuten
IG Metall Jugendbildungszentrum Schliersee
Da unsere Veranstaltung zum 75. Jahrestag der Befreiung wegen technischen Problemen nicht live im Stream zu sehen war, haben wir heute nachträglich eine Aufzeichnung des Gesprächs hochgeladen. 75 Jahre hatte die deutsche Gesellschaft seit dem Tag der Befreiung Zeit, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Über späte Gerechtigkeit und andauerndes Unrecht sprachen wir mit:
► Christine Siegrot, Anwältin der Nebenklage im gegenwärtigen Prozess gegen ein früheres Mitglied der SS-Wachmannschaft im KZ Stutthof.
► Stephan Stracke, Historiker. Hat zuletzt zu noch lebenden Tätern der SS-Einsatzgruppe C recherchiert.
► Martin Klingner, Arbeitskreis Distomo. Spricht über die Entschädigungsforderungen der Überlebenden des SS-Massakers von Distomo (Griechenland).
https://www.facebook.com/igmetallschliersee/videos/863310540857164/?v=863310540857164
07 „VON DUNKLEN WOLKEN ZUM ÖKONOMISCHEN ORKAN“
„Berichte zu Auswirkungen auf die Lage der Arbeiterinnen und Arbeiter und deren Widerstand“
Die Strategie von Regierung und Kapital ist es – und die Mainstream-Medien hauen in die gleiche Kerbe – die Tatsachen verschleiernd auf Corona als Grund für die Rezession zu verweisen. Wir können nur immer wieder darauf verweisen, daß Corona nur der Brandbeschleuniger für die Krise ist!
Alle Anzeichen einer Weltwirtschaftskrise
https://www.jungewelt.de/artikel/378659.alle-anzeichen-einer-weltwirtschaftskrise.html
Berichte aus Betrieben, Branchen, Wirtschaft:
Runners Point vor kompletter Schließung
https://www.merkur.de/wirtschaft/runners-point-schliessung-deutschland-foot-locker-coronavirus-mitarbeiter-filialen-sidestep-recklinghausen-zr-13768807.html
Starke Jobverluste bei Autozulieferern
https://www.jungewelt.de/artikel/378658.starke-jobverluste-bei-autozulieferern.html
Werften in Not
https://www.jungewelt.de/artikel/378676.riesiges-auftragsloch-f%C3%BCr-werften.html
Kahlschlag bei Galeria-Karstadt-Kaufhof
https://www.jungewelt.de/artikel/378476.massenentlassungen-kahlschlag-bei-galeria-karstadt-kaufhof.html
Viele Einzelhändler in Nöten
https://www.jungewelt.de/artikel/378514.jeder-zehnte-h%C3%A4ndler-in-brd-vor-insolvenz.html
08 Amazon und das Virus: Profit auf Kosten der Beschäftigten?
Von Sebastian Friedrich und Simone Horst
Video, 14 Minuten.
Bei Amazon klingeln trotz Corona die Kassen. Doch bei einigen Beschäftigten geht die Angst um, sich mit Corona zu infizieren. In einem Amazon-Versandlager südlich von Hamburg sind mehrere Dutzend Mitarbeiter*innen an Covid-19 erkrankt. Warum gibt es keine offiziellen Zahlen? Und wie konnte es soweit kommen?
https://www.youtube.com/watch?v=FOUFWMF2tus
Whole Foods: Amazon lässt Angestellte überwachen
Das Unternehmen von Jeff Bezos überwacht in der aufgekauften Biomarktkette die Angestellten mit einer Heatmap, damit sie sich nicht gewerkschaftlich organisieren.
Von Matthias Ubl
https://jacobin.de/artikel/whole-foods-amazon-uberwachung-heat-map/
09 Behörden-Irrsinn Kein Geld! Selbständige Hamburgerin fällt durchs Corona-Raster
Von Annalena Barnickel
Seit Beginn der Corona-Krise kann die Freiberuflerin Beate Schwartau aus Altona nicht mehr wie gewohnt arbeiten. Sie beantragt sowohl Zuschuss für Unternehmen als auch Arbeitslosengeld II, um über die Runden zu kommen. Von dem Geld sieht sie nichts. Gegenüber der MOPO schildert sie ihre Odyssee.
https://www.mopo.de/hamburg/behoerden-irrsinn-kein-geld–selbstaendige-hamburgerin-faellt-durchs-corona-raster-36723430
10 Bernie Sanders war unsere beste Chance – bis jetzt
Mit dem Ende der Sanders-Kandidatur wird der Weg zum demokratischen Sozialismus länger und steiniger. Doch seine Kampagnen zeigten, dass linke Politik massentauglich ist.
Von Loren Balhorn
https://jacobin.de/artikel/bernie-sanders-sozialismus-usa/
11 Vorschlag Nobelpreis: Kubas Medizinbrigade »Henry Reeve«
»Mindestens 80.000 Menschen haben sie das Leben gerettet«
Initiative will kubanische Ärztinnen und Ärzte für Friedensnobelpreis vorschlagen. Ein Gespräch mit Geert Platner
Interview: Gitta Düperthal
https://www.jungewelt.de/artikel/378508.kubas-medizinbrigade-henry-reeve-mindestens-80-000-menschen-haben-sie-das-leben-gerettet.html
Anmerkung:
Wir schließen uns dem Vorschlag von Geert Platner an! Auf jeden Fall hat die Medizinbrigade den Nobelpreis eher verdient als die EU und auch als Obama! (DW)
Kuba schreitet zur Rettung, aber erzählt nicht der amerikanischen Bevölkerung davon
Von Medea Benjamin
http://www.schattenblick.de/infopool/medizin/gesund/m3al2598.html
Bolsonaro braucht Kubaner
Brasilien: Erneute Arbeitserlaubnis für kubanische Ärzte nach steigenden Infektionszahlen
Von Emre Sahin
https://www.jungewelt.de/artikel/378661.brasilien-kuba-bolsonaro-braucht-kubaner.html
12 Chile: Selbstorganisierung und Koordination für eine andere Gesellschaft
Interview mit Lester Calderón über das im Aufstand entstandene Notfall- und Rettungskomitee in Antofagasta
Von Alix Arnold
https://www.labournet.de/wp-content/uploads/2020/05/arnold-ila0520.pdf