Parallelen zwischen Tesla und Amazon – und Unterschiede!

Von Dieter Wegner

Ist der Kampf bei Tesla eine wichtige Etappe zu einer neuen Arbeiterbewegung in Europa?
Zwei US-Konzerne in Europa. Beide verweigern den Beschäftigten Tarifverträge!
Elon Musk (Tesla) und Jeff Bezos (Amazon) sind die beiden reichsten Männer der Welt.
Ihre Niederlassungen wurden von politischer Seite gern gesehen und gefördert; obwohl Initiativen dagegen mobil machen.
Gabriel Kuhn beschreibt in seinem Artikel den Kern dieses „Tarifkampfes“, der eben solch einer nicht ist sondern ein politischer Kampf. Die schwedische Gewerkschaft IF Metall ist sozialpartnerschaftlich und wenig streikfreudig wie er schreibt. Und das trifft auch auf die DGB-Gewerkschaften zu.
Die IG Metall ist in der Tat wenig streikfreudig, was das Tesla-Werk in Grünheide anbelangt, trotz dessen Umweltschädlichkeit und der vielen Unfälle.
Zum anderen Konzern, Amazon. Auch bei Amazon geht es, wie bei Tesla Schweden, um Tarifverträge. Seit Anfang an weigert sich Amazon, verdi in die Betriebe zu lassen, erlaubt nur Betriebsräte, die er versucht mit von ihm ausgewählten Leuten zu besetzen, was besonders in den ersten Jahren auch recht gut gelang. Vor etwa 13 Jahren bildeten sich in Bad Hersfeld und Leipzig erste Betriebsgruppen, geschaffen durch aktive KollegInnen in den Betrieben. In beiden Städten streikten sie 2013 zum ersten Mal. Weltweit die ersten Streiks bei Amazo! Inzwischen wird in acht von 20 Logistikcentern gestreikt, mehrfach im Jahr.
Nun könnte man meinen, verdi sei, im Gegensatz zu IF Metall in Schweden streikfreudig und alles sei demnach in bester Ordnung. Dem ist aber nicht so.
Die vielen Streiks sind zwar außerordentlich wichtig, sowohl für die Mitglieder, die Gesamtbelegschaft und andere Logistikbereiche, materiell sind sie aber für Jeff Bezos nicht mehr als Nadelstiche.
Wenn man nun auf den Streik von IF Metall schaut, sieht man, was möglich und notwendig wäre, um wirksamer zu sein gegen Bezos!
Wir sehen in Schweden:
In der Transportindustrie weigern sich die Gewerkschaften des Landes, Tesla-Autos zu verladen
Man stelle sich vor:
Verdi ruft dazu auf, keine Amazon-Produkte zu verladen.
Wir sehen in Schweden:
Die Gewerkschaft der Elektriker*innen wartet keine Tesla-Ladestationen mehr.
Man stelle sich vor:
Kein Elektriker oder anderer Handwerker (hier IG Metall) betritt mehr ein Amazon-Lager
Wir sehen in Schweden:
Die Gewerkschaft der Reinigungskräfte macht Teslas Werke nicht mehr sauber.
Man stelle sich vor:
Keine Reinigungskraft (hier bei der IG BAU) betritt mehr ein Amazon-Lager. Und die Beschäftigten weigern sich ebenfalls sauber zu machen.
Wir sehen in Schweden:
Die Gewerkschaft der Postbeamt*innen liefert keine Post mehr an Tesla aus.
Man stelle sich vor:
Verdi ruft alle Postangestellten auf, keine Post mehr an Amazon auszuliefern.
Wir sehen in Schweden:
Die Gewerkschaft der Maler*innen lackiert keine Tesla-Autos mehr.
Und die Gewerkschaft der Bauarbeiter*innen führt in Tesla-Werkstätten keine Reparaturen mehr durch.
Man stelle sich vor:
Die IG BAU ruft alle Kollegen auf, keine Reparaturen mehr in Amazon-Gebäuden auszuführen.
Ich bin mir sicher, die Streikenden bei Amazon und viele Beschäftigte würden mitziehen, wenn verdi eine ähnliche kämpferische Praxis wie IF Metall in Schweden entfalten würde!
Das setzt allerdings ein Zusammengehen der DGB-Gewerkschaften voraus, wie bei den schwedischen Gewerkschaften.
Aber oft ist das Gegenteil der Fall: Die DGB-Gewerkschaftsfunktionäre streiten sich um die Zugehörigkeit von Berufsgruppen!
Wie der Kollege Kuhn feststellt, handelt es sich um ein „Aufbäumen des sozialdemokratischen Korporatismus und seiner Gewerkschaften gegen den ungezügelten Neoliberalismus“. Man fragt sich, warum sie die DGB-Gewerkschaften nicht aufbäumen!
Er stellt weiter fest, daß „es an 90 Prozent der schwedischen Arbeitsplätze einen Tarifvertrag“ gibt, „in Deutschland waren es 2022 lediglich 41 Prozent“.
Da stellt sich die Frage, warum haben es die DGB-Gewerkschaften soweit kommen lassen? Denn die Tarifverträge sind ihr Lebenselexier und sie haben sich über die Jahrzehnte den Boden unter ihren Füßen wegziehen lassen. Jetzt 40 Prozent, Tendenz fallend!
Was sagt uns der Vergleich zwischen den sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften in Schweden und Deutschland?
In Schweden kämpfen die Gewerkschaften immerhin noch um ihre Sozialpartnerschaft. Und in Deutschland sind sie in ihrer Symbiose mit Kapital und Staat dazu nicht mehr fähig. Und schmelzen weg wie das Eis am Nordpol.

Wenn die sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaften während sich verschärfender Klassenauseinandersetzungen versagen und abschmelzen, dann entsteht durch Klassenkampf was Neues: KLASSENKÄMPFERISCHE GEWERKSCHAFTEN!

Es wird bei zukünftigen Kämpfen keine Spaltung zwischen homo oeconomicus und homo politicus geben, keinen ökonmischen oder politischen Streik sondern es wird Klassenkampf als Volkskampf sein, in dem es um alles geht, mit dem Ziel Sozialismus.
Die kapitalistische und imperialistische Verfaßtheit dieser Welt hat sie in den Zustand der Katastrophen gebracht: Kriege mit der Gefahr eines 3. Weltkrieges, Klimakatastrophe, Finanzkatastrophen, uferlose Ausbeutung.
Diese Lage stellt die Arbeiterklassen vor die Alternative, im Wahnsinn der kapitalistischen Katastrophen mit unterzugehen oder einen umfassenden Kampf gegen diesen Wahnsinn aufzunehmen, der nicht mehr zwischen ökonomischen und politischen Streiks und Kämpfen unterscheidet.
Noch aber leben die Menschen der nördlichen Wohlstandsstaaten in der Sozialpartnerschaft und in der imperialen Lebensweise auf der Titanic und wollen nicht sehen, worauf der Dampfer zusteuert.
Schweden ist der Spitzenstaat für Wohlstand und Sozialpartnerschaft, quasi weltweit ein Vorbild. Und das seit fast 100 Jahren. Vielleicht kommt gerade aus diesem Land, in der sich eine fortschrittliche und soziale Tradition und die neoliberale Barbarei des reichsten Mannes der Welt gegenüber stehen, das Signal für den Neuanfang einer klassenkämpferischen Arbeiterbewegung!
Der wirkliche Antrieb für den Kampf ums Ganze wird jedoch von den durch unsere imperiale Lebensweise betroffenen Menschen aus dem globalen Süden ausgehen. Sie sind von der Klimakatastrophe, von den von den USA und der Nato verursachten Kriegen und allen anderen vom globalen Norden verursachten Katastrophen am meisten betroffen und versuchen, ihrem verhängnisvollen Schicksal durch Migration in eben diesen Norden zu entkommen, um auf unterster Stufe teilzuhaben am Wohlstand. Sie kommen aus Afrike und Asien nach Europa, aus Lateinamerika über Mexico in die USA.
Der wirkliche Antrieb wird also von außerhalb, aus dem globalen Süden kommen.
Es sind nicht nur die Millionenmassen, die nach Norden wollen sondern in Aufständen wollen sie ihre neo-kolonialen Regime loswerden wie jetzt in der Sahel-Zone.
Und dann gibt es die vielen Millionen Migranten in den Wohlstandsstaaten, ohne die der Wohlstand gar nicht möglich ist, die aufgrund des Grades ihrer Ausbeutung am kämpferischsten sind!

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