Es geht jetzt los: Nach der Kurzarbeit kommt die Arbeitslosigkeit

Von H.S., Bremen, 05.07.2020 – ergänzt am 12.08.2020 (s.u.)

Bei uns in Bremen geht es jetzt los. Nach der Kurzarbeit kommt die Arbeitslosigkeit. Stark betroffen sind als erstes die Leiharbeiter und die Befristeten in den zahlreichen Logistik- und Werkvertragsunternehmen. Auch melden die großen Arbeitgeber jetzt den Abbau von Arbeitsplätzen. Gerade die Leiharbeitsfirmen machen es sich wieder einfach. Da werden zum Teil Arbeiter*innen nur bezahlt wenn sie im Einsatz sind, ein Arbeiter berichtete, dass er seit ca. 2 Monaten ohne Einsatz war und keine Lohn mehr bekommen hat und sich auch nicht traut den Job zu kündigen, da er Angst vor der 3-monatigen Sperre von der Arbeitsagentur hat. Ein anderer berichtete, eigentlich hatte er einen unbefristeten Arbeitsvertrag, wurde dann aber gekündigt. Sein Arbeitgeber hatte ihm gesagt, „wer 5 Tage ohne Einsatz ist kann rechtmäßig gekündigt werden, so sieht es der Gesetzgeber und der Tarifvertrag vor“. Wie es rechtlich wirklich aussieht wissen wir alle, aber viele Menschen in den Betrieben leider nicht bzw. selbst wenn sie es wissen haben sie für sich keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Das sind keine Einzelfälle. Der Gang zum Anwalt kommt für viele nicht in Frage, denn Anwälte sind bekanntlich teuer und andere Möglichkeiten sind den meisten nicht bekannt.

Ich wurde von jemanden, der in der Agentur für Arbeit arbeitet, angesprochen, ob ich Beratung für die Betroffenen anbieten könnte oder jemanden kennen würde. Unabhängige Beratung leicht zugänglich fehlt hier total. Ich bin jetzt damit angefangen, einige Menschen in meinem Umfeld zu fragen, ob wir da was Unabhängiges hinbekommen könnten, habe aber noch keine Rückmeldungen. Und ich habe das Gefühl, dass Corona da doch einiges ausbremst. Allgemein sehe ich durch Corona eine Endsolidarisierung in unserer Gesellschaft, was eine traurige und katastrophale Entwicklung ist. Dazu später eventuell noch mehr.

Auch wird das Anschwärzen jetzt immer beliebter, ein Beispiel dafür ist das neue Phänomen von dem der Jemand in der Agentur berichtete: Und zwar gibt es dort zu Zeit zahlreiche Anrufe von Menschen die meinen, jetzt ihre Bürgerpflicht tun zu müssen und den Nachbarn der in Kurzarbeit ist und nebenbei noch arbeitet, oder jemanden der in seine Heimat ausgereist ist und vermeintlich Bezüge bezieht, melden zu müssen usw.

Sind jetzt leider doch zwei Themen geworden, die mir unter den Nägel brennen. Was sind eure Erfahrung zur Entwicklung in den Betrieben, sieht es bei euch in den anderen Städten ähnlich aus und gibt es Aktivitäten???

LG, S 

Ergänzung vom 12.08.2020:

Corona hat inzwischen die Arbeitswelt nachhaltig verändert.

Alle, mit denen ich in den letzten Wochen gesprochen habe, berichten von ähnlichen Veränderungen. Das so gepriesene Home Office hat die negative Folge, dass man den Arbeitstag auseinander zieht und irgendwie den ganzen Tag mit der Arbeit konfrontiert ist. So kommen dann abends nochmal Anfragen, oder an Tagen, in denen man in Kurzarbeit bzw. Urlaub ist, wird nochmal reingeschaut und was getan, und allgemein wird mehr gearbeitet, als wenn man in der Firma sitzt. Im gewerblichen Bereich berichten alle von Arbeitsverdichtung und zusätzlichen Aufgaben. Ob bei Faun, Daimler, Thyssen Krupp oder auch bei Bego. Überall das gleiche Bild. Über einen Ausgleich für das zusätzlich Geleistete wird kein Wort verloren, eher im Gegenteil, die Unternehmer drücken auf die Tränendrüse und reden von Sparen. Lohnerhöhungen werden verschoben oder gestrichen und Sozialleistungen werden gekürzt. Beispiele dafür gibt es bei Klose Industrietechnik oder bei Bego hier in Bremen. Die Kürzungen werden als selbstverständlich und als eine Folge von Corona ohne zu murren hingenommen.

Diese Entwicklung ist relativ fatal, es gibt gar keinen Widerstand. Reallöhne gehen runter und die Arbeitsbedingungen werden schlechter. Überall ist die Stimmung: „Wir müssen gemeinsam da durch und das Beste draus machen.“ Viele merken, dass am Ende des Monats weniger aufs Konto kommt, aber den meisten ist nicht bewusst, das es auf Dauer so bleibt. Kurzarbeit wird von den Unternehmen voll ausgereizt. Sommerlöcher werden so gestopft. Dass sich der Abwärtstrend wieder dreht ist nicht abzusehen, und es gibt keine Bewegung in den Gewerkschaften oder der Arbeiter*innen Bewegung. Da kommen schwere Zeiten auf uns zu.

LG, S 

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