Bildungsgewerkschaft GEW Hamburg beschließt: Abweichende Meinung ab sofort kostenpflichtig!

Bildungsgewerkschaft GEW Hamburg beschließt:

Abweichende Meinung ab sofort kostenpflichtig!

 

Betreff: Beschluss Landesvorstand 23.5.23

Von: NN – GEW-Hamburg
Gesendet: Mittwoch, 24. Mai 2023 09:48

Lieber ….., liebe …….,
der GEW Landesvorstand hat am 23.5.23 beschlossen, dem Jour Fixe / Gewerkschaftslinke bis auf weiteres keine GEW Räume mehr kostenlos zu überlassen.
Hintergrund für diese Entscheidung war – wie beim Gespräch mit Euch ja auch diskutiert – Eure aktive Unterstützung der „Kunsthallen“- und „Rathausdemos“, die vom Landesvorstand aufgrund der Teilnahme von rechten Strukturen auf diesen Demos sehr kritisch eingeschätzt werden.
Kollegiale Grüße
NN
GEW – Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
Landesverband Hamburg

 

Hamburg, 25.6.23

Liebe Kolleginnen und Kollegen der GEW Hamburg!

Gerade haben sich die aktiven Gewerkschafter in Hamburg und deutschlandweit der kampflosen Kapitulation der deutschen Gewerkschaften vor 90 Jahren im Mai 1933 erinnert. Dabei konnten gerade die Hamburger Gewerkschaftsführungen sich damals gar nicht schnell genug den Nationalsozialisten unterwerfen.

Ihr habt dankenswerter Weise eure Geschichte in der HLZ (Hamburger Lehrerzeitung) aufgearbeitet (*)

Ihr schreibt dort, dass die Gründung der HLZ 1922 zum „freien Meinungskampf unter gemeinsamer Flagge“ beitragen sollte. Doch im August 1932, als es ernst wurde, war der Vorsatz längst vergessen: Die Interessengemeinschaft oppositioneller Lehrer (IOL), die den Abwehrkampf gegen die Gehaltskürzung forderte, wurde mit dem Vorwurf belegt, sie betreibe die Politik der KPD und RGO. „Ihre Kollegialität sei nur ein Deckmantel für gewerkschaftspolitische Dolchstoßarbeit.“

Weil der Lehrerverband die soziale Verteidigung der Kolleginnen und Kollegen aufgab, konnten die Nationalsozialisten den Verband leicht erobern. Die HLZ enthielt sich in der Folgezeit „meist der direkten Kritik“, schreibt ihr.

Resultat: Am 27.04.1933 wurde die Eingliederung des Verbandes in den NSLB (Nationalsozialistischer Lehrerbund) auf der Hauptversammlung bei drei Gegenstimmen einhellig beschlossen.

Unsere Schlussfolgerung aus diesen historischen Erfahrungen: Nur Gewerkschaftsmitglieder, die sich im offenen Meinungskampf schulen konnten, die nicht bürokratisch gegängelt wurden, werden bereit sein, für unsere gemeinsame Sache einzustehen und Opfer zu bringen. Sie werden in aller Regel nicht wie die Gewerkschaftsvorstände und die Gewerkschaftsangestellten 1933 dem Gegner kampflos die Kassen und Mitgliederlisten aushändigen.

Als zumeist langjährig aktive Gewerkschaftsmitglieder bestehen wir darauf, uns eine eigene Meinung und Anschauung zu jeder Demo und eben auch zur Kunsthallendemo bilden zu dürfen. An diesen Demos haben viele lohnabhängig Beschäftigte teilgenommen, die die Gewerkschaften bisher nicht erreichen konnten. Darunter waren viele Beschäftigte aus dem Gesundheitsbereich, die sich von der Impfpflicht überrumpelt und nicht ausreichend informiert fühlten und auch viele Lehrer und besorgte Eltern, die ihre Sorge um die möglichen negativen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen zum Ausdruck bringen wollten. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine kommen Menschen zu den Demos, die tief betroffen sind über die vielen Verletzten und Toten, sich Sorgen machen über eine Ausweitung des Krieges und sich existentiell bedroht fühlen von die Auswirkungen der Sanktionen mit all ihren wirtschaftlichen Folgen. Diese Menschen kommen aus allen gesellschaftlichen Bereichen und viele sind zum ersten Mal auf einer Demo. Sie sind verunsichert und besorgt. Sollen wir diese Menschen einfach den Rechten überlassen?

Das Jour Fixe / Gewerkschaftslinke ist ein weit über Hamburg hinaus bekannter Treffpunkt aktiver und kämpferischer KollegInnen. Hier wurden u.a. die Streiks von Gate Gourmet, Neupack, Pflegen & Wohnen, Amazon begleitet, die FleischarbeiterInnen bei Tönnies unterstützt, griechischen KollegInnen Raum für ihre Berichte gegeben und vieles mehr. Die Arbeit des Jourfixe Gewerkschaftslinke ist also Gewerkschaftsarbeit im besten Sinne.

Warum nicht mehr im Curio-Haus?

Wir verbleiben in der Hoffnung, dass ihr euren Vorstandsbeschluss noch einmal überdenkt.

Mit solidarischen Grüßen

Jour Fixe / Gewerkschaftslinke Hamburg

https://gewerkschaftslinke.hamburg/category/newsletter/

(*) 1933-1945: Die HLZ als Nazi-Zeitung | GEW Hamburg (gew-hamburg.de)

visdp: D. Wegner, Hamburg

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