Kritik an der Verwaltung des Streiks in Gräfenhausen und der Nichtbeteiligung der Trucker

 

Kritik an der Verwaltung des Streiks in Gräfenhausen und der Nichtbeteiligung der Trucker

  • Es gibt keine demokratischen Strukturen der Streikleitung

  • Bei den Streikstrukturen fehlt es an Transparenz

  • Die Streikenden sind entmündigt worden. Sie haben nicht über die Aktivitäten des Kampfes zu entscheiden. Der Hungerstreik war ein Ausbruch aus dieser Situation. Das war ihre alleinige Entscheidung

  • Die Streikführung hat die Möglichkeiten des Klassenkampfes abgewürgt und die Lösung des Konflikts allein in die Hände von Politprofis gelegt.

1.: Strukturen: Es hat nie Diskussionen oder Abstimmungen über eine Streikleitung gegeben. Die Fahrer haben sich beim 2. Streik entlang ihrer Nationalitäten organisiert. Es gibt Küchentrucks in denen die nationalen Gerichte gebrutzelt werden. Es gibt Sprecher der jeweiligen Gruppen, die sich miteinander absprechen. Beim Hungerstreik lösten sich diese nationalen Trennungen auf. Soweit ich weiß, gab es da eh keine Spannungen.

Edwin Atema wurde von den Streikenden zum Verhandlungsführer gewählt und ausdrücklich nicht zum Streikführer. Er hat sich selbst dazu aufgeschwungen.

Die gewerkschaftlichen Unterstützer haben sich ihm freiwillig untergeordnet. Die Fahrer wurden erpreßt. Es wurde ihnen angedroht, Atema und Faire Mobilät würden ihre Unterstützung beenden, wenn sie seine Führung nicht anerkennen, eigenständig agieren oder mit unliebsamen Organisationen (wie der SAC) zusammenarbeiten würden.

2. Streikleitung und -Organisation / Transparenz: Es gibt den Unterstützerkreis als führende Struktur und Edwin Atema als Leitung. Es wurde nie klargestellt, wie eine Entscheidungsfindung passiert. Die Streikenden selbst werden weder in die Debatten noch in die Entscheidungen einbezogen. Oftmals wurden sie noch nicht mal darüber informiert. Sie wurden zu reinen Statisten. Die führenden Organisationen sind FNV, RTDD (Stiftung Road Transport Due Diligence), DGB (in der Person Stefan Körzell vom Bundesverstand und der DGB Hessen/Thüringen), Verdi und Faire Mobilität. Es ist unklar, im Auftrag welcher Organisation Edwin Atema auftritt. Der DGB nennt ihn auf ihrer Hompage als  RTDD Vertreter. Die Medien sprechen von der FNV als internationale Transportarbeitergewerkschaft. Ich glaube, das stimmt nicht. Wichtige Entscheidungen von Faire Mobilität werden wohl nicht von Anna Weirich vor Ort getroffen, sondern von der Leitung. Jemand von uns sprach mit einem aus dem Vorstand und der sagte. „Natürlich habe ich eine Strategie. Aber die sage ich dir nicht.“ Es ist nie geklärt worden, ob Gewerkschafts- oder Stiftungsgelder geflossen sind oder nur Spendengelder verwaltet worden sind.  Es gibt inzwischen sogar Vermutungen, daß Spendengelder versickert sein könnten. Atema weigert sich, Rechenschaft über Spendeneingänge und Ausgaben zu leisten. Es soll wohl gerade gesagt haben, „wir kosten mit 4 Personen täglich 750€ pro Kopf“.

3.: Entmündigung: Es wurden die Streikenden nie gefragt, in welcher Form sie die Spenden haben wollten. Es gab sogar Diskussionen darüber, daß man ihnen keinen Tabak kaufen sollte. Die letzte „große Aktion“ war der Auftritt von Lars Klingbeil (SPD-Bundesvorsitzender) gemeinsam mit der BILD-Zeitung im Streikcamp als Teil seiner Wahlkampftour. Die Fahrer wurde nie gefragt, man hat sie im Vorfeld noch nicht einmal darüber informiert.

4.: Bloß kein Klassenkampf: Das Transparent im Streikcamp „International Workers Solidarity“ wurde vor dem Besuch der Europaabgeordneten Gaby Bischoff (SPD) abgenommen. Es gab einen guten Artikel in der Mitgliederzeitung Verdi Publik, jedoch ohne einen Handlungsvorschlag für die Mitglieder. Es wurde nicht einmal das Spendenkonto angegeben.

Beim Verdi Bundeskongreß war Gräfenhausen auch Thema, theatralisch in der Form und im Inhalt leer. Es wurde auf dem Kongreß die Internationale gesungen. Ein Bild der Streikenden wurde großformatig auf den Hintergrund der Rednerbühne projiziert. „Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis, die unter anderem für die Logistik-Branche zuständig, musste mit den Tränen kämpfen als sie berichtete, dass einer der Fahrer versucht habe, sich das Leben zu nehmen vor lauter Verzweiflung“, heißt es auf der Verdi-Homepage. Und weiter: „Das kollektive Wegschauen der Kunden, der Fuhrunternehmen, das schamlose Ausnutzen und Brechen von EU-Regeln durch die Unternehmen sowie das hilflose Handeln der Unternehmensverbände muss endlich ein Ende haben“, forderte sie. Es ist die Kernforderung der Resolution. (Verdi O-Ton.) Der Aufforderung an Unternehmerverbände folgte kein mobilisierender Aufruf an die Gewerkschaft und ihre Mitglieder in der Sache aktiv zu werden. Die Solidaritätsadresse des 6. Verdi-Kongresses beschränkt sich auf ein Anprangern der Mißstände und den Aufruf, „das hilflose Handeln der Unternehmensverbände muss endlich ein Ende haben“ und „Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) muss im Fall Gräfenhausen tätig werden“. https://www.verdi.de/ueber-uns/bundeskongress-2023/solidaritaet

Auf dem Kongress blieb man bei Worten der Solidarität ohne den geringsten Ansatz einer solidarischen Praxis. Noch nicht einmal eine Kollekte für die Streikenden.

So vieles wäre möglich. Meiner Meinung nach wäre noch die politisch harmloseste Sache, Gewerkschaftsmitglieder und „die Öffentlichkeit“ über die Hintergründe des Streiks zu informieren. Sie könnten beispielsweise Auftraggeber wie Red Bull oder Rewe boykottieren. Es gibt gerade Streiks im Einzelhandel, da könnte das auch Thema werden. Neben mehreren Discountern gehört auch Ikea zu den Auftraggebern. Als nächstes wäre es ein wesentlicher Schritt, die Auftraggeber aus der Autoindustrie anzugreifen. Der DGB hätte ja die IGM aufrufen können: VW, Daimler, Audi, Porsche gehörten zu den Auftraggebern. Das könnte man ja in der Mitgliedszeitung und in Betriebsversammlungen thematisieren.

In meinen Augen am Wichtigsten: Die Beschäftigten im Straßentransport selbst mobilisieren. Es gibt auch Unzufriedenheit unter deutschen Fahrern.

Am wichtigsten: Es gibt unzählige Speditionen wie Mazur. Es sind tausende Fahrer unterwegs, die um ihren Lohn betrogen wurden. Sie warten nur auf eine Möglichkeit, sich zu wehren.

Genau das fürchten Wirtschaft und Gewerkschaften am meisten.

Aktuell liegen die Hoffnungen wieder nicht auf solidarischen Druck von unten, sondern auf der großen Politik. Torsten Safarik, der Präsident des Bundesamts für Wirtschaft habe zugesagt, weiter im Hintergrund zu verhandeln, auch darüber, ob deutsche Unternehmen die Zahlungen übernehmen.

Kuddel (chefduzen)

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