Tariflich abgesicherter Eigener Weg der IG BCE: Mehr Geld vom Arbeit“geber“ für Nichtstreiken

Von Dieter Wegner

Tariflich abgesicherter Eigener Weg der IG BCE: Mehr Geld vom Arbeit“geber“ für Nichtstreiken

Das ist der aparte Plan der IG BCE-Führung für die Tarifrunde in diesem Jahr.
Diese Forderung muß sie gegen den Kapitalistenverband BAVC nur noch durchsetzen. Sie droht ihrem Sozialpartner mit Streik. Dazu ist sie auf der Suche nach einem verlorenen Werkzeugkasten.
Eine absurde Situation. Oder nicht?
Bei tagesschau.de finden wir dazu diesen Artikel:
Der ganz eigene Weg der IG BCE
Die Chemiebranche startet in die Tarifverhandlungen. Zwar hält sich die Gewerkschaftsseite mit den Lohnforderungen vergleichsweise zurück. Dafür hat eine andere Frage besonderes Gewicht.
Von Alina Leimbach
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verhandlungsstart-tarifrunde-chemie-besserstellung-gewerkschafter-100.html
Der Verhandlungsführer der IG BCE, Oliver Heinrich, sagt: „Mitglieder verdienen einen Ausgleich“.
Deshalb verlange die Gewerkschaft in der Tarifrunde eine Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern in dem Flächentarifvertrag. „Unsere Mitglieder verdienen einen Ausgleich dafür, dass sie jahrzehntelang Tariffrieden in der Chemie garantiert haben. Und zwar jetzt.“
Diese Argumentation muß man sich als gewerkschaftlich aktiver Beobachter erstmal reinziehen und sacken lassen! Weil die IGBCE seit 53 Jahren nicht mehr bundesweit hat streiken lassen, sollen die Kapitalisten eine Belohnung an die Mitglieder ausschütten! Was zur Folge haben soll, daß Nichtmitglieder in die IGBCE eintreten sollen und diese stärker machen! Auf diese Logik muß man erstmal kommen! Aber vom Sozialpartnerschaftsstandpunkt ist das in der Tat folgerichtig! Warum eigentlich soll der Sozialpartner Kapitalist kein Interesse daran haben, daß 100 Prozent der Beschäftigten in der Gewerkschaft sind? Wo diese doch seit Generationen nicht mehr haben sstreiken lassen.
Die IGBCE ist unter den DGB-Gewerkschaften Spitzenreiter in Sachen Sozialpartnerschaft. Es hatte ja wunderbar geklappt in dieser Branche mit Großkonzernen mit Spitzenlöhnen konnte man im Sozialpartnerschaftsbett gute Ergebnisse aushandeln. Jetzt, wo dies in einigen Bereichen nicht mehr funktioniert, hauptsächlich durch die enorm gestiegenen Energiepreise wegen der Sanktionen gegen Rußland, wendet sich die IGBCE-Führung etwa nicht gegen die Genossen aus der Ampel-Regierung, die Sanktionen aufzuheben sondern kommt auf den Trichter, den Sozialpartner anzuhauen für Sonderzahlungen an ihre Mitglieder, damit alles ruhig bleibt, wie seit 53 Jahren.

Die IGBCE hat einen Werkzeugkasten. Inhalt: Streik – seit 53 Jahren nicht mehr benutzt
Aber, oh Schock, der Kapitalistenverband BAVC lehnt erstaunlicherweise brüsk ab: „Eine Differenzierung nach Gewerkschaftszugehörigkeit spaltet die Belegschaften und findet auf Arbeitgeberseite keine Akzeptanz“. Auf die Idee mit der Spaltung wären Vassilidiadis, Heinrich & Co nicht gekommen! Auch der BAVC macht sich Gedanken um den Frieden in der Betriebsfamilie, daß bei dem Viertel der KollegInnen, die nicht in der IGBCE sind, Neid ausbricht wegen mehr Lohn für die Organisierten.
Dazu Verhandlungsführer Heinrich: „Wenn wir bis Ende Juni nicht in die Nähe eines Abschlusses kommen, dann können wir unsere Forderungen auch anders deutlich machen… Die Arbeitgeber sollten eigentlich wissen: Arbeitskämpfe zählen zu unserem Werkzeugkasten.“
Das klingt wie eine Drohung: „Wir können auch anders! Wir haben einen Werkzeugkasten, da sind Streiks drin!“
Hofftentlich finden Vassiliadis, Heinrich & Co den Werkzeugkasten, irgendwo im Keller oder auf dem Dachboden. Hoffentliche hat man ihnen den Werkzeugkasten nicht geklaut! Aber beim Suchen kann ja Frau Fahimi helfen, Ehegattin von Herrn Vassiliadis und derzeit DGB-Vorsitzende. Sie ist sicher noch ortskündig, war ja lange im Vorstand der IGBCE. Und falls man ihn findet, kriegt man ihn hoffentlich geöffnet. Und man erinnert sich dabei an die Zeiten von vor über 50 Jahren: „Wenn Dein starker Arm es will, öffnet er den Werkzeugkasten… Oder so ähnlich“.

Werkkzeugkasten beim Neupack-Streik geöffnet
Am 1.11.2012 hatte die IG BCE den Werkzeugkasten schon mal geöffnet. Bei der kleinen Chemiebude (Plastikartikel wie Joghurt-Becher) Krüger (ca. 200 Beschäftige) in Hamburg-Stellingen und Rotenburg/Wümme. Die KollegInnen hatten teilweise seit 10 Jahren keine Lohnerhöhung erhalten, waren Aufstocker beim Job-Center und wurden nach „Nasenprinzip“ behandelt. Es hagelte für Widerspenstige Abmahnungen und für den BR-Vorsitzenden Kündigungen, die alle vor dem Arbeitsgericht wieder zurückgenommen werden mußten. Es ging um einen bescheidenen Haustarifvertrag, 80 Prozent unter dem Flächentarifvertrag, natürlich für alle KollegInnen.
Nachdem die IG BCE in einen Erzwingungsstreik eingewilligt hatte, erklärte der Vorsitzende Vassiliadis: „Wir werden Neupack in die Knie zwingen, koste es was es wolle“. Als nach drei Monaten der Sozialpartner und Inhaber Kröger immer noch auf seinem Herr im Hause Standpunkt beharrte, kapitulierte die große IGBCE mit ihren ca. 600.000 Mitgliedern und brach den Streik mit einer Umwandlung in einen Flexi-Streik ab. Den die KollegInnen schnell in Flexi-Verarschung umtauften. Die KollegInnen mußten reingehen, die aus Polen herangeschafften Streikbrecher anlernen! Den KollegInnen, die sich weigerten reinzugehen, wurde von Krüger die Entlassung angedroht, von der IG BCE-Führung die Verweigerung des Streikgeldes. Einen direkten Abbruch des Streiks hätte sich die IGBCE-Streikführung nicht gegenüber den Wütenden KollegInnen leisten können, deshalb der Flexi-Streik, als bessere, wirksamere Methode angepriesen wurde.
Fazit vom Neupack-Streik: Aus den Erfahrungen von damals kann man viel lernen, zB Methoden der Verarschung der Belegschaften.

Eine kurze Beschreibung des Streiks:
Warum ein kleiner, strategisch unwichtiger Betrieb Gewerkschaftsgeschichte geschrieben hat
https://www.labournet.de/wp-content/uploads/2015/11/wegner_neupack_syndikal.pdf
Das Buch zum Streik bei Neupack
https://diebuchmacherei.de/produkt/9-monate-streik-bei-neupack/ (Der Buchtitel ist insofern irreführend, weil der Streik formal, inclusive Flexi-Streik fast 9 Monate dauerte, aber real als durchgehender Erzwingungsstreik drei Monate!)
Wir können also gespannt sein, falls Vassiliadis & Co den Werkzeugkasten finden und ihn geöffnet kriegen, was dann passieren wird. (DW)

PS

Wir loben einen Preis aus! (Ein wertvolles Buch).  Für den Vorschlag, was als Nächstes kommt von Seiten der IG BCE-Führung in Sachen Sozialpartnerschaft mit dem Kapital. (Wir können uns keine weitere Steigerung vorstellen, vielleicht hat jemand mehr Phantasie?!). Wir kennen natürlich die Geschichte, daß die Nazis die Volksgemeinschaft schufen. Aber Volksgemeinschaft geht nicht in unserer Marktkonformen Demokratie (a lá Merkel). Also, was ist die Steigerung des „Status quo“ (Ausdruck der IG BCE)?

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