DGB-Vorsitzende Fahimi: Tarifverträge machen Beschäftigte zu freien Menschen in der Arbeitswelt

Von Dieter Wegner

Der 1. Mai: a) für den DGB, b) für UNS und c) für das Kapital
Zu a) Für den DGB ist der 1. Mai „Der Tag der Arbeit“, genauer, der Lohnarbeit
Und so soll es immer bleiben, Lohnarbeit im Kapitalismus.
Die DGB-Vorsitzende Fahimi auf der zentralen Kundgebung in Hannover:
„Tarifverträge machten Beschäftigte zu freien Menschen in der Arbeitswelt“ sagte Fahimi.
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/mai-demonstrationen-dgb-arbeitsbedinungen-lohn-100.html
Durch Tarifverträge freie Menschen im Kapitalismus! Diese Aussage sagt alles.
Sie sagte weiterhin, daß die DGB-Gewerkschaften unbestritten die Schutzmacht der Beschäftigten bleiben. Und sie wies darauf hin, daß 2023 für elf Millionen Beschäftigte Tarifverträge abgeschlossen worden seien. Also elf Millionen freie Menschen für 2023 – zumindest für die Dauer der Tarifverträge. Und die Tarifverträge mühevoll mit dem Sozialpartner gefertigt. Also „freie Menschen“ durch gemeinsames Wirken von Funktionären von Kapital und Arbeit!
Das alte Lied der Arbeiterbewegung:
„Es rettet uns kein höh’res Wesen,
Kein Gott, kein Kaiser noch Tribun.
Uns aus dem Elend zu erlösen,
Können wir nur selber tun!“
ist von der obersten DGB-Chefin in der letzten Zeile umgedichtet worden:
„… Uns aus dem Elend zu erlösen,
können nur DGB und Unternehmer für euch tun“.
Wenn Frau Fahimi aber von Schutzmacht der Beschäftigten spricht, fragt man sich, wen sie damit meint. Doch nicht ihren Sozialpartner Kapital, mit dem sie für die Freiheit der Beschäftigten sorgt. Meint sie mit Schutzmacht alle regierungskritischen Kräfte?
Man kann diese Aussagen ja nicht als spontane Äußerungen auffassen, einfach so rausgerutscht! Sie sind der Kern der offiziellen Gewerkschaftsideologie, wohlüberlegt und geplant von ihr bei der zentralen 1. Mai-Kundgebung dargebracht. Sie und die Führungsgarnitur des DGB denken so!
Die DGB-Gewerkschaften sehen es als ihre Aufgabe an, für die Beschäftigten, tendenziell für die Mitglieder in DGB-Gewerkschaften, also für „die freien Menschen“, Verbesserungen herauszuholen. Auch wenn das immer weniger gelingt und es immer mehr darum geht, Verschlechterungen, besonders für die Stammbelegschaften zu verhindern. Dazu praktizieren die DGB-Gewerkschaften Sozialpartnerschaft mit dem Kapital und Nationalpartnerschaft mit der Regierung. Einen Antagonismus zwischen Arbeit und Kapital haben die Gewerkschaftsführer aus ihrem Denken gestrichen zugunsten der Illusion, alles friedlich, schiedlich in Verhandlungen mit den Sozialpartnern regeln zu können.
Ohne dieses ideologische Gepäck von Antagonismus der Klassen, Klassenkampf und Endziel Sozialismus konnten sie problemlos ins gegnerische Lager wechseln! Man hat ja keine trennenden Unterschiede mehr zum Verhandlungspartner.
Augenblicklich ist es ja gerade günstig, da die SPD an der Regierung ist und alle führenden Mitglieder in den DGB-Gewerkschaften Mitglied der SPD sind.
Die Parole beim 1. Mai 2024 hieß: Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit.
Sie hätte auch heißen können: Friede, Freude, Eierkuchen.
Die Bedrohungen für die gesamte Bevölkerung durch Aufrüstung und Kriegsertüchtigung, die Kriegsplanung durch Kriegsminister Pistorius, in 5-8 Jahren kriegbereit gegen Rußland zu sein, kommt anläßlich des 1. Mai nicht zur Sprache. Auch nicht die Unterstützung der Regierungsparteien bei den Coronamaßnahmen und die Unterstützung Israels beim Völkermord in Palästina.
Falls das zur Sprache käme, würde das ja die Sozialpartnerschaft mit Regierung und Kapital gefährden.
Diese von der DGB-Vorsitzenden Fahimi gegebene Gewerkschaftsideologie ist unerträglich. Wie auch die Kriegspropaganda von Außenministerin Bärbock (ihre Kriegserklärung an Rußland und und ihre Absicht, Rußland in den Ruin zu treiben) und die von Agnes-Marie Strack-Zimmermann. Ich war seit 1966 Mitglied im SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) und freute mich, als viele junge Frauen zu uns stießen. Nach dem Motto: Starke Frauen braucht das Land. An „starke Frauen“ wie Bärbock, Fahimi, Strack-Zimmermann haben wir nicht gedacht. Wie lange werden diese Kriegstreiberinnen und Flintenweiber an der Spitze von Gewerkschaften und Parteien noch geduldet?! Auch hier gilt die Weisheit des alten Arbeiterliedes: „Uns von dem Übel zu erlösen, können wir nur selber tun!
Aber tröstlich ist und läßt einen über den unerträglichen Zustand mit Fahimi, Bärbock und Strack-Zimmermann hinwegkommen, daß zunehmend in den letzten Jahrzehnten immer mehr aktive und Starke Frauen in den Gewerkschaften, in den Betrieben und in Basis-Initiativen dazu gestoßen sind!

Zu b) Für UNS ist der 1. Mai der Kampftag der Arbeiterklasse
Seit 1890 gilt dieser Tag als Kampftag der Arbeiterbewegung. So lange, bis der Kapitalismus überwunden ist in einer sozialistischen Gesellschaft. Klassenkampf heißt für uns, kämpfen gegen Verschlechterungen der Arbeits- und Lebensbedingungen der arbeitenden Klasse und Bevölkerung – immer im Hinblick darauf, die Ursache zu bekämpfen, das kapitalistische System.
Wir haben es also mit zwei Gegnern zu tun, dem Kapital und den Kräften in unseren eigenen Reihen, den Co-Management-Betriebsräten und den sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsführungen.
Praktisch heißt das für uns, daß wir in den Gewerkschaften agieren, für sie werben, da Widerstand nur kollektiv wirklich wirksam ist. Daß wir die neuen KollegInnen aufklären über den Charakter dieser Gewerkschaften, daß sie auch streikende Belegschaften im Stich lassen zugunsten ihres wirklichen Partners Kapital! Seit sie den sozialen Frieden mit Staat und Kapital geschlossen haben, haben sie keinen Klassenkampf mehr in ihren Genen.
Wir fokussieren uns nicht wie die DGB-Gewerkschaften auf Stammbelegschaften und Facharbeiter sondern uns geht es um alle Lohnabhängigen, die in Deutschland arbeiten, um WerkvertragsarbeiterInnen, Niedriglöhner, prekär Beschäftigte.
Und wir sind Internationalisten, solidarisch mit allen kämpfenden KollegInnen weltweit! Für uns bedeutet das Kontaktaufnahme und Zusammengehen mit KollegInnen des Konzerns oder der Branche. Zum Beispiel wie es die KollegInnen von Amazon seit Jahren praktieren.
Ganz konkret zum 1. Mai in Hamburg, der DGB-Demonstration:
Der Kollege MB schrieb am 30.5. auf telegram der Hafenarbeiter:
„Wir sehen es außerdem als einen Affront an, das auf der Demonstration unserer Gewerkschaft, die Politikerinnen und Politiker in den ersten Reihen stehen dürfen, die den Ausverkauf des Hafens maßgeblich vorantreiben und uns als Arbeiterinnen und Arbeiter auf dem Präsentierteller der weltgrößten Reederei zum Fraß vorwerfen! Hinein in den Hafenblock, gegen den MSC-Deal!“
Dem Kollegen MB ist nur beizupflichten. Es ist schwer erträglich, in einem Zug zu gehen mit Verantwortlichen der Malaise, hier dem Verkauf der HHLA an MSC.
Aber der Kollege MB muß wissen, daß es schon seit Jahrzehnten so ist, daß (zumindest hier in Hamburg) DGB- und SPD-Führer vorneweg laufen. Und auch ihre entsprechenden Reden halten. Wenn das von demonstrierenden Mitgliedern nicht mehr geduldet wird, wäre es ein großer Schritt zu Klarheit und Emanzipation.
Während der Kollege MB „nur“ dagegen protestiert, daß „verantwortliche PolitikerInnen in der ersten Reihe stehen dürfen“, wurden KollegInnen in Magdeburg praktisch!:
https://www.instagram.com/reel/C6bE3I2MUDv/?igsh=MTJ0cnB0MTNvNGNqcA%3D%3D
Wir halten ihre Aktion und ihre Kritik am DGB für berechtigt. Insbesondere schließen wir uns ihrer Forderung nach Vernetzung an!

Zu c) Für die Apologeten des Kapitals ist der 1. Mai ein Tag, an dem sie ihre Propaganda gegen die Arbeiterklasse loswerden
So wie für Henrik Müller beim manager-magazin: https://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/demografische-krise-einsturz-der-arbeitswelt-a-c3684e51-2a4b-4f13-9b6b-338c69be7ea5
Er erinnert an die Zeit vor 150 Jahren, als die Arbeiter noch 3.300 Stunden im Jahr arbeiten mußten,
heute nur noch 1.341 Stunden. Das sei allerdings „der niedrigste Wert unter allen Mitgliedstaaten der OECD.“ Und er stellt fest: „Amerikaner, Kanadier oder Polen arbeiten im Schnitt rund 300 Stunden mehr“. Er zieht das Fazit: „Bei Licht betrachtet gibt es für alternde Gesellschaften wie die deutsche nur eine Option: mehr arbeiten – mehr Stunden pro Woche, mehr Jahre im Leben. Entsprechend sollte es am 1. Mai (und überhaupt) um die Frage gehen, wie man die Bedingungen dafür schaffen kann. Die Gewerkschaften könnten – und sollten – bei dieser Prioritätenverschiebung eine wichtige Rolle spielen“.
Was Henrick Müller hier von sich gibt, können wir zum 1. Mai von Dutzenden Arbeit“geber“-Funktionären und Politikern der FDP und CDU/CSU mit ähnlichen Worten hören!

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