Aufstand in Nicaragua – Wie weiter?
Kommentar und Linksammlung des Jour Fixe
Update am 04.08.2018, am 21.08.2018 und am 27.10.2018

DEMO vor dem Altonaer Bahnhof amlaesslich des 19.07.2018
Demonstration in Hamburg-Altona am 19.07.2018 zum 39-sten Jahrestag der sandinistischen Revolution
Foto: Juergen Steidinger

Der Kampf der Sandinisten Ende der 70er Jahre stand im Focus des Interesses der damaligen Linken in der BRD! Viele gingen damals nach Nicaragua, haben Projekte unterstützt, einige haben dort sogar gekämpft. Es wurde auch beachtet, daß die Regierung von Ortega 1990 die Macht friedlich an Violeta Chamoro abgab. Und daß er sie bei Wahlen 2006 wieder gewann. Als jetzt im April nach Protesten der RentnerInnen ein Aufstand der Jugend begann, war die Linke weltweit geschockt. In wenigen Wochen waren über 300 Aufständische, meist Jugendliche, von Paramilitärs erschossen worden, tausende wurden verwundet oder verschwanden – wie zu Somozas Zeiten! Es stellt sich heraus, daß der Familienclan Ortega-Murillo eine Autokratie errichtet hat. Für nicaraguanische Linke und einige Nica-UnterstützerInnen aus Deutschland war diese Entwicklung nicht ganz so überraschend!

Diese Vorgänge in Nicaragua werden unter Linken in unterschiedlicher Weise gedeutet.
Zum einen gibt es die Verteidiger von Daniel Ortega und seiner Stellvertreterin, seiner Frau Rosario Murillo (dazu gehören DKP, Junge Welt), zum anderen wird von Kritikern eine intelligentere Verteidigungslinie für das Ortega-Murillo Regime gezogen (beispielhaft: Giorgio Trucchi, ein italienischer Journalist, Managua) und drittens gibt es Zeugen aus dem Land und UnterstützerInnen aus dem Ausland, die aus ihrer Kenntnis und ihrem Erleben heraus die Wandlung von einem Befreiungs- zu einem Terrorregime beschreiben. Beispielhaft dafür: Manfred Liebel, Matthias Schindler, die Aktivistin Martha, M.L. Boltodano und die Anwältin Eylin Somariba.
Wir (Orga-Team Jour Fixe) versammeln auf unserer homepage Texte aus diesen drei unterschiedlichen Perspektiven! Politisch positionieren wir uns jedoch keineswegs neutral sondern sehr eindeutig. Begründung: Wir vom Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg haben Berichte zur Situation im Lande von dem Arzt Dr. Juergen Steidinger gehört, der 25 Jahre in Nicaragua medizinische und soziale Projekte aufgebaut hat. Weiterhin kennen wir die Einschätzungen von Prof. Manfred Liebel, Matthias Schindler und Eylin Somariba, die mit denen von Juergen Steidinger übereinstimmern. Von daher unsere Positionierung! Auf unserem Jour Fixe am 05.09.2018 berichten Dr. Juergen Steidinger und Prof. Dr. Manfred Liebel und geben ihre Einschätzungen zur Situation in Nicaragua.


Im Folgenden diverse Links zu den unterschiedlichen politischen Positionen:

Nicaragua und die Linke: Unterdrückung, Kritik, Sozialismus und Demokratie Eine sehr gründliche Darstellung (17 Seiten) von Matthias Schindler, Mitbegründer des Hamburger Nicaragua-Vereins, die wir direkt auf unserer Internet-Seite veröffentlicht haben.
Er schreibt: Je weniger die internationale Linke sich jedoch für die demokratischen Rechte des nicaraguanischen Volkes ausspricht, desto mehr wird sie auch dafür verantwortlich sein, dass sich der imperiale Kapitalismus mit Erfolg als Verteidiger von Freiheit und Demokratie präsentieren kann… Das Einzige, worum unsere Freundinnen und Freunde uns bitten, ist, zumindest in der Welt zu berichten, was in Nicaragua tatsächlich geschieht. Dem fühle ich mich zutiefst verpflichtet. https://gewerkschaftslinke.hamburg/2018/07/25/nicaragua-und-die-linke-unterdrueckung-kritik-sozialismus-und-demokratie/


Update 27.10.2018:

Inzwischen haben wir diverse weitere Beiträge zur Situation in und zur Diskussion um Nicaragua veröffentlicht, bzw verweisen per Link auf externe Beiträge:

Am 12.10.2018 veröffentlichten die medico-Mitarbeiter Katja Maurer und Moritz Krawinkel Eindrücke und Einschätzungen, die sie aktuell bei einem Besuch in Managua sammeln konnten. Titel: „Die Enkel der Revolution – Die Jugend will Demokratie und ein Ende des autoritären Paternalismus. Dafür riskiert sie viel.“ 
https://www.medico.de/blog/die-enkel-der-revolution-17210/

Kommentar vom 12.09.2018 von einer Vertreterin von Cuba Si Hamburg zum Jour Fixe 167 mit dem Nicaragua-Thema:
https://gewerkschaftslinke.hamburg/2018/09/22/kommentar-von-brigitte-cuba-si-zum-jour-fixe-167-zur-situation-in-nicaragua/

Bericht der Zeitung „Schattenblick“ über den og Jour Fixe 167 unter dem Titel „Der Aufstand in Nicaragua: Kann sein, was nicht sein darf?“  
https://gewerkschaftslinke.hamburg/2018/09/13/der-aufstand-in-nicaragua-kann-sein-was-nicht-sein-darf-jour-fixe-167-der-hamburger-gewerkschaftslinken-am-5-september-2018/

Ein bereits im Mai 2018 veröffentlichter Beitrag von Matthias Schindler „Nicaragua: Der Anfang vom Ende der Regierung Ortega-Murillo“
https://gewerkschaftslinke.hamburg/2018/08/30/nicaragua-der-anfang-vom-ende-der-regierung-ortega-murillo/

Des weiteren verweisen wir auf einen sehr ausführlichen und vielseitigen Beitrag vom 24. September 2018 von James Phillips, veröffentlicht in amerika21 unter dem Titel „Die schwierige Darstellung der Ereignisse in Nicaragua – Viele Berichte über die Situation in Nicaragua erfassen die Komplexität der Krise nicht“. Der Autor (Details zu ihm am Ende seines Beitrags) kommt zu dem Schluß:
„Die immer ignorierte Frage über das zweifelhafte Geschäft des „Regime Change“ lautet: Was wird folgen?
Der Abgang von Daniel Ortega – den viele Nicaraguaner jetzt fordern und den US-Neocons und mächtige ideologische Interessen in aufeinander folgenden US-Regierungen schon lange gewollt haben – ist wahrscheinlich nicht geeignet, Frieden und Demokratie zu bringen. Das ist kein Argument dafür, dass es Ortega erlaubt sein sollte, im Amt zu bleiben. Dies zu entscheiden steht ausschließlich dem nicaraguanischen Volk zu, nicht den USA oder externen Beobachtern. Aber im Kontext von Geschichte, Erfahrung und Erkenntnis, die für unterschiedliche Interpretationen offen ist, lohnt es sich zu fragen, wie es einige getan haben, ob das, was in Nicaragua geschieht, eine zweite Revolution oder ein zweiter konterrevolutionärer (Contra-)Krieg ist – oder beides.“.
https://amerika21.de/analyse/214119/schwierige-darstellung-nicaragua


Update 21.08.2018:

„Die Linke neu erfinden!“ Eine Auseinandersetzung mit dem Versagen eines Teil der internationalen Linken, die weiter zum Ortega-Regime in Nicaragua halten oder die Bettdecke über den Kopf ziehen. https://blogs.taz.de/latinorama/2018/08/19/die-linke-neu-erfinden/
Der Autor, Juanónimo, kommentiert selbst: „Vorworte und Einführungen sind unnötig. Es ist nicht wichtig, wer ich bin. Einer von vielen mit maskiertem Gesicht. Ich wurde in Nicaragua geboren, mitten im Krieg und der Revolution der 1980er Jahre. Von meiner Mutter lernte ich, mich für das Volk und für die Werte des Sandinismus einzusetzen. Und von meinem Vater … blieb mir nur ein Foto, das ihn als Milizsoldaten zeigt, der mich, ein zartes neugeborenes Baby, auf seinen Armen trägt.“


Update 04.08.2018:

Hier nun auch einige Links mit unterschiedlichen Positionen der Nicaragua-Solidaritätsbewegung in Deutschland:

Das Informationsbüro Nicaragua Wuppertal veröffentlichte am 5. Juli 2018 seine „Positionierung des Informationsbüros zur politischen Lage in Nicaragua“. „Das Informationsbüro Nicaragua hält die von den Studenten und sozialen Bewegungen angeführten Kämpfe für legitim und wir unterstützen die Forderungen … nach …  dem Abtritt der Regierung von Daniel Ortega und Rosario Murillo“. http://www.infobuero-nicaragua.org/positionierung-des-informationsbueros-zur-politischen-lage-in-nicaragua/

Hingegen kritisiert Rudi Kurz vom Nicaragua-Forum Heidelberg e.V. die Festlung auf einseitige Unterstützung einer Seite im Konflikt – veröffentlicht 11.07.2018 unter der Überschrift „Kann man diese Konflikte erklären? Solidarität im nicaraguanischen Psychokrieg“:
https://www.nicaragua-forum.de/meldungen/2018/solidaritaet-konflikt.html

Pressemitteilung des Vorstands von Netzwerk Cuba vom 01.08.2018 unter dem Titel „Aggressionen gegen Nicaragua stoppen“. Das Netzwerk positioniert sich demnach, nicht überraschend und in Anlehnung an die Position des mit Nicaragua verbündeten Staates Cuba, voll auf Seiten der Regierung Ortega.
http://www.netzwerk-cuba.de/2018/08/pressemitteilung-des-vorstands-2/


Nach Drehbuch (21.07.2018) Von Arnold Schölzel
https://www.jungewelt.de/artikel/336430.nach-drehbuch.html

Einziger Ausweg: Dialog (19.07.2018)
Drei Monate Gewalt, mehr als 200 Tote in Nicaragua: Das Land ist in kürzester Zeit im Chaos versunken
Giorgio Trucchi, Managua https://www.jungewelt.de/artikel/336227.einziger-ausweg-dialog.html

Keine Rückkehr zur Normalität (08.05.2018)
Mónica López Baltodano und die Aktivistin Marta über die Proteste in Nicaragua, die blutige Repression, Brüche im Regierungslager und die Widersprüche der Bewegung gegen Ortega.
https://www.medico.de/keine-rueckkehr-zur-normalitaet-17068/

Zwischen politischem Aufbruch und Angst (15.06.2018)
Interview mit Professor Manfred Liebel über die derzeitige Lage in Nicaragua (15.06.2018) https://www.ila-web.de/ausgaben/417/zwischen-politischem-aufbruch-und-angst

„Wir wollen nicht noch weitere Tote“ (12.07.2018)
Interview mit Anwältin Eylin Somarriba https://www.pressreader.com/germany/neues-deutschland/20180712/281711205414728

Tragödie und Farce (05.09.2016)
Wie die Ortegas ihre Macht in Nicaragua verewigen wollen. Interview mit dem nicaraguanischen Soziologen Roberto Stuart Alemendárez, der schon 2016 die aktuellen Ereignisse voraussah. https://www.medico.de/tragoedie-und-farce-16540/

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